In den USA kann wahrscheinlich jede Kleinstadt über einen angeblichen Besuch von Außerirdischen erzählen. Und auch aus der Bundesrepublik sind viele angebliche Sichtungen in den Medien dokumentiert.
(Titelbild: Am 17. Juni 1950 hatten der Bürgermeister Oskar Linke und seine kleine Stieftochter Gabriele, in der Nähe von Haselbach in der DDR eine merkwürdige Begegnung mit einem wärmflaschenförmigen Objekt, zu dem zwei Personen oder Wesen gehörten)
Doch warum machten E.T. und Co. einen Bogen um die Deutsche Demokratische Republik?
Das Paranormale hat keinen Platz in der DDR
Das „Paranormale“ hatte in der DDR einen schweren Stand. Wie zuvor schon die Nationalsozialisten unterdrückte die Obrigkeit des SED-Staates jegliche gewerbliche Betätigung im Übersinnlichen.
Schon im August 1946 warnte der Chef der sächsischen Polizei, Artur Hofmann, vor dem Erstarken des „Wahrsageunwesens“:
Es wird bedingt durch die große Ungewissheit vieler Deutscher über das Schicksal ihrer Angehörigen, die sich an jede Nachricht klammern, selbst wenn sie von Kartenlegern stammt. Die auf diese Weise erzeugten Illusionen sind nachteilig für den Wiederaufbau und müssen daher entschieden bekämpft werden. Artur Hofmann SAPMO-BArch, DOI/25533
Wahrsagerei, Phrenologie, Chiromantie und Astrologie wurden auf gewerblicher Ebene verboten und mit Arbeitsdienst und Geldstrafen bestraft.
Der UFO-Hype in den USA
Nachdem der US-Pilot Kenneth Arnold im Juni 1947 meinte, unbekannte Flugobjekte über Mount Rainier gesehen zu haben, berichteten Zeitungen vermehrt über UFO-Sichtungen. Dies führte wiederum dazu, dass mehr Personen Übernatürliches sahen, was dann wieder in den Zeitungen berichtet wurde – die erste große UFO-Sichtungswelle war entstanden, der summer of the flying saucer.
Die Sichtungen riefen bald auch das Militär auf den Plan, das mit der Untersuchung des Phänomens begann. Project Blue Book ist eine der bekanntesten frühen systematischen Studien zu Sichtungen von UFOs durch Piloten und Angehörige der Luftwaffe sowie Instrumente wie Radarstationen. Auch Berichte zu UFOs aus anderen Erdteilen wurden hier festgehalten.
UFO oder UAP?
Keine offizielle Untersuchung von UFO-Sichtungen
Die vermehrte Berichterstattung in den USA führte bald auch in der BRD dazu, dass die Sichtungen – oder zumindest die Berichte darüber, zunahmen. Das bedeutete aber nicht, dass sich staatliche Organe um eine Katalogisierung oder Untersuchung kümmerten. Damit befanden sich die offiziellen Stellen der BRD in seltenem Einklang mit denen der DDR. Auch hier wurden UFO-Sichtungen nicht systematisch untersucht.
In der DDR wurde außerdem aktiv gegen Berichte von „Besuchern von einem anderen Stern“ vorgegangen. Es finden sich in der Presse keine Artikel über extraterrestrische Reisende, die in der Republik landeten und auch im Fernsehen wurde nicht darüber berichtet.
Denn für die DDR waren die UFO-Sichtungen nur irrationale „Auswüchse des kapitalistischen Systems“ und das Phänomen nach offizieller Lesart gar nicht existent. Wenn es überhaupt in der Presse verhandelt wurde, dann als „technische Religion des Westens“ und „Beweis für Meinungsmanipulation“.
Einzelne Akten zur Parapsychologie im Bundesarchiv
Im Bestand des Bundesarchivs finden sich aber dennoch Akten zur Bewertung von Phänomenen wie der Parapsychologie, die im August 1972 einschätzen sollten, ob „die Erlangung von Geheimnissen durch den Feind auf diese Weise möglich“ sei bzw. wie „Möglichkeiten dieser Art abgewehrt werden können“.
Es ging also um die Frage, ob Parapsychologie für den Geheimdienst eingesetzt werden konnte und wie man sich ggf. dagegen wehrte.
Die UFO-Akten der Stasi
In der DDR galt die Auffassung, dass es sich bei den meisten UFO-Sichtungen um Fehlinterpretationen von Flugzeugen, Asteroiden, der Venus und anderer Himmelskörper handelte.
Der Rest der Berichte sei auf bewusste Täuschungen, Unsinn oder psychologische Probleme zurückzuführen. Dennoch gibt es einzelne Berichte zu Sichtungen unbekannter Flugobjekte in den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit. Sie stammen aus den Beständen der Hauptabteilung I (NVA und Grenztruppen) und des Zentralen Operativstabes.
UFOs verletzen die Staatsgrenze
Drei der Akten dokumentieren Grenzverletzungen und Verletzungen des Luftraums im Grenzgebiet. Am 03. März 1978 wurde um 20.10 Uhr von Grenztruppen gemeldet, dass im Raum Gerstungen-Eisenach ein unbekanntes Flugobjekt festgestellt wurde, das sich nahe der Grenze nach Norden bewegte. Am 08. Dezember 1983 sahen mehrere Grenzsoldaten ein Flugobjekt, das aus dem Osten kommend trotz „recht großer Beschleunigung“ lautlos die Staatsgrenze überquerte.
Die Sichtung eines zigarrenförmigen Flugobjektes mit Ausmaßen von 5 mal 5 Metern bei Spandau am 27.11.1983 wurde kurze Zeit später wieder zurückgezogen. Keine dieser Meldungen wurde weiter untersucht.
Außerirdische über Halle?
Der vielversprechendste Bericht über unbekannte Flugobjekte über der DDR stammt aus Halle. Am 03. Februar 1985 hatten fünf Mitarbeiter der Volkspolizei zwischen 23.40 und 00.00 Uhr über dem Stadtgebiet der Saale-Stadt ein Flugobjekt wahrgenommen – an vier unterschiedlichen Standorten und völlig unabhängig voneinander. Die Beobachtungen wichen voneinander ab und reichten von Lichterscheinungen über ein zigarrenähnliches Objekt bis zu einem viereckigen Körper.
Doch das MfS nahm den Fall ernst und stellte weitere Nachforschungen an. Da ein Zeuge berichtete, dass der Flugkörper über Halle-Wörmlitz zerplatzt sei, wurde dort nach Trümmerteilen gesucht. Außerdem wurden Experten an der Martin-Luther-Universität befragt, ob sie etwas zur Klärung beitragen könnten – alles erfolglos.
Die Erklärung der Phänomene erfolgte am 05. Februar in der West-Presse: Flughäfen, Wetterstationen und Polizeidienststellen hatten von Anrufen aufmerksamer Beobachter berichtet, die kurz vor Mitternacht am 03. Februar „ein bis zwei erkennbare Meteoriten“ von Süden nach Norden hatten ziehen sehen. Das Hallenser Phänomen kam also tatsächlich aus dem All, Außerirdische waren es trotzdem nicht.
Eine UFO-Sichtung in der DDR in CIA-Dokumenten
Eine angebliche UFO-Sichtung in der DDR schaffte es auch in das Blue Book der US-Air Force und in die Archive der CIA: Unter der Berichtnummer 00-W-23682 findet sich ein Zeitungsbericht der griechischen Tageszeitung I Kathimerini mit dem Titel „Fliegende Untertassen in Ostdeutschland“ vom 9. Juli 1952 in der Materialsammlung der Agency.
Er gibt die Schilderung des ehemaligen Bürgermeisters von Gleimershausen, Oskar Linke, wieder. Nachdem dieser mit seiner Familie aus der DDR geflohen war, ging er zu einem Berliner Notar, wo er seine Beobachtungen beglaubigen ließ, bevor er sie in den Medien publik machte.
Eine „Wärmflasche“ über Thüringen
Am 17. Juni 1950 war Oskar Linke auf dem Heimweg ins südthüringische Gleimershausen, nachdem er im benachbarten Haselbach an einem Vortrag teilgenommen hatte. Auf dem Rücksitz seines NSU-Motorrads saß seine zehnjährige Stieftochter Gabriele. Wegen eines geplatzten Reifens musste er das Motorrad mitten in der Nacht durch das Haseltal schieben. Um halb drei sah Gabriele auf einer Wiese etwas, das sie zunächst für Rehe hielt.
Als sich die Linkes heranpirschten, um sie besser zu beobachten, erkannte Oskar Linke jedoch zwei Gestalten in dicken metallischen Overalls. Sie standen vor einem glänzenden Objekt mit 15 Metern Durchmesser und zweieinhalb Metern Höhe. Es erinnerte Oskar Linke von der Form her an eine Wärmflasche. Nach einer Weile bemerkten die Gestalten die Linkes und stiegen in ihre Wärmflasche, die heulend in den Nachthimmel entschwand. Soweit der Bericht Oskar Linkes, den seine Stieftochter 2014 noch einmal mündlich bestätigte.
Inspiriert von einem Science-Fiction-Film?
Oskar Linke hielt die Männer zunächst für sowjetische Soldaten, die eine neue Technik testeten. Den Begriff „fliegende Untertasse“ will er erstmals in der BRD gehört haben. Doch was brachte ihn dazu, das Erlebte zwei Jahre später und über ein Jahr nach der Flucht aus der DDR zu erzählen? Hat der im Mai 1952 in den westdeutschen Kinos angelaufene UFO-Film „Der Tag, an dem die Erde stillstand“ möglicherweise etwas damit zu tun?
Der Film, der den Außerirdischen Besucher Klaatu nicht als Aggressor, sondern als Friedensbringer charakterisiert, gehört zu den einflussreichsten Science-Fiction-Filmen.
Im Osten immer noch weniger UFO-Sichtungen
Noch immer scheinen die Außerirdischen einen Bogen um die ehemalige DDR zu machen: Von den 305 bei der deutschen UFO-Datenbank gemeldeten Sichtungen für das Jahr 2022 entfallen nur 30 auf Postleitzahlen, die in Gebieten der ehemaligen DDR liegen. Die Erklärungen hierfür mögen vielseitig sein, aber gemessen auf die Bevölkerungsgrößen sind das vier Sichtungen pro Million Bürger im Westen und nur 2,4 pro Million im Osten.