Über Meersburg zeigt sich die seltene Kelvin-Helmholtz-Instabilität. Klaus Johner hält das Phänomen mit der Handykamera fest. Diplom-Meteorologe Jürgen Schmidt erklärt, wie es zustande kommt.
Ist das eine Fata Morgana? Klaus Johner war baff, als er am Sonntagabend während seines Spaziergangs mit seinem Hund von einem Wohngebiet an der Dr.-Zimmermann-Straße gen Himmel blickte: „Ich schaute Richtung Westen, wo die Sonne untergeht.“
Bei einer Fata Morgana handelt es sich um eine Luftspiegelung. Der Begriff wird im umgangssprachlichen Gebrauch aber auch fälschlicherweise für Halluzinationen verwendet.
Fotos mit dem Handy gemacht
„Sehen Sie das?“, fragte Johner andere Passanten ungläubig. Der Wahl-Meersburger zückte sein Handy, ein iPhone der jüngsten Generation mit guter Kamera. Johner fotografiert leidenschaftlich gern.
Um 19.58 Uhr drückte er schließlich zum ersten Mal auf den Auslöser. Die Daten zu den Aufnahmen: ISO 125, 200 Millimeter Brennweite, Blende 2,8, Belichtungszeit 1/100. Zu sehen ist eine Wellenstruktur, die gemalt sein könnte. „Ich habe minimal am Kontrast geschoben, damit man die Wolken besser sieht. Die Form war in natura so“, berichtet Johner im Telefongespräch.
Jürgen Schmidt, Diplom-Meteorologe und Geschäftsführer der Wetterkontor GmbH, schreibt auf Anfrage: „Die Bilder sind toll.“
Laut Schmidt handelt es sich um die sogenannte Kelvin-Helmholtz-Instabilität oder Kelvin-Helmholtz-Wellen, „die durch die Wolken erst sichtbar gemacht werden“. Die Wolken hätten normalerweise keine genaue Bezeichnung und es handele sich meist um tiefe Wolkenfelder.
Der Meteorologe erklärt: „Die typische Wellenstruktur entsteht häufig an einer sogenannten Inversionsschicht, die zwei übereinander liegende und charakteristisch unterschiedliche Luftmassen voneinander trennt.
Bei einer Inversion kommt es mit zunehmender Höhe zu einem Temperaturanstieg.“ Schmidt zufolge liegt in der Atmosphäre also eine warme und trockene Schicht über einer kälteren und feuchteren Luft.
„Weisen beide Luftmassen nun zudem unterschiedliche Geschwindigkeiten oder auch verschiedene Bewegungsrichtungen auf, können sich im Grenzbereich durch geringste Störungen Kelvin-Helmholtz-Wellen bilden“, sagt der Experte. „Dabei zieht die obere Luftschicht Teile der feuchteren Luftmasse der sich langsamer bewegenden, unteren Schicht nach oben, wodurch die wellenartigen, rollenden Strukturen gebildet werden.“
Laut eines Beitrags des Fachausschusses Amateurmeteorologie seien die Kelvin-Helmholtz-Wellen also ein Zeichen dafür, „dass sich die verschiedenen Luftmassen allmählich vermischen“. Im Gebirge sei das normalerweise seltene Phänomen recht oft zu beobachten. Am häufigsten trete es an einer tieferliegenden Wolkendecke auf, die am Oberrand einer Kaltluftschicht im Tal liege.
Klaus Johner bedauert, dass der Winkel auf den Fotos eingeschränkt ist. „Ob das nach links oder rechts noch mehr Wellen waren, weiß ich nicht.“ Die anderen Spaziergänger waren seinen Angaben nach ebenso begeistert. Fünf oder zehn Minuten lang betrachtete er das Spektakel. „Dann hat der Hund gezogen. Der musste“, sagt Johner und lacht.