Drei gewaltige Monumente: Der Sphinx von Gizeh (Ägypten), der Löwenfels von Sigiriya (Sri Lanka) und die „Unterwasserpyramide“ von Yonaguni (Japan). Auf den ersten Blick scheint sie nichts zu verbinden und doch gibt es Gemeinsamkeiten.
Der Sphinx – jeder kennt ihn. Die rätselhafte Wächterfigur ist die größte Steinplastik der Welt. Seit Jahrtausenden bewacht der monumentale Löwe, in sitzender Stellung, mit den Vorderpranken streng symmetrisch nach vorn gestreckt, die Pyramiden des Gizeh-Plateaus.
Wacht er über die ewige Ruhe der Pharaonen? Hat er ein Rätsel zu verkünden? Birgt er Geheimkammern tief unter seinen Pranken? Niemand kann dies genau beantworten.
Man wird nie mehr erfahren, wer den Sphinx tatsächlich geschaffen hat. Als Auftraggeber gilt nach der konventionellen Auffassung der Ägyptologen der Pharao Chephren. Es gibt aber auch Stimmen, die in Cheops den Auftraggeber für die Erschaffung des Tieres sehen. [1] Andere Forscher hingegen erkennen im Sphinx sogar die Hinterlassenschaft einer vorsintflutlichen Kultur.
Der Geologe Robert Schoch von der Bostoner Universität und der Schriftsteller John West sind nach gründlichen Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass der Sphinx bereits vor 10.000 Jahren erschaffen wurde und seither still und würdevoll das Gizeh-Plateau bewacht. [2] Somit wissen wir nicht genau, wann und von wem der Sphinx erbaut wurde.
Dagegen ist es bekannt, dass die Steinblöcke, die bei der Aushöhlung des Felsen um die Plastik entstanden, bei dem Bau der Cheopspyramide Verwendung fanden. Es ist unvorstellbar, dass die Künstler und Bauarbeiter diese Blöcke zufällig in der passenden Größe brachen und für längere Zeit liegen ließen, bis Cheops sie entdeckte und in der Pyramide einbauen ließ.
Es ist viel realistischer die Erschaffung der Löwenplastik mit dem rätselhaften menschlichen Gesicht und die der Cheopspyramide aneinander gekoppelt zu sehen, wie das Stadelmann vernünftigerweise tut.
Herodot, der im 5 Jh. v. Chr. Gizeh besuchte, war von den Pyramiden sehr beeindruckt. Er beschäftigte sich ausgiebig mit der Beschreibung der Pyramiden, mit den jeweiligen Erbauern und die Bauweise. Sogar von den Lebensmitteln, welche die Arbeiter während der Erbauung konsumierten, berichtet er genau. Merkwürdigerweise verliert er aber kein einziges Wort über den Sphinx.
Man sollte vielleicht auch gar nicht anstreben, der Sphinx all seine Geheimnisse zu rauben. Eine andere Sphinx stürzte sich angeblich in einer ähnlicher Situation in den Tod. Es ist die Rede von der griechischen Sphinx, mit dem Körper eines Löwen, der Brust einer Frau und den Flügeln eines Vogels, welche die Gegend um Theben terrorisierte.
Sie hielt alle Reisenden an und forderte sie auf, ein Rätsel zu lösen. Diejenigen, die falsche Antworten gaben, wurden auf der Stelle aufgefressen. Das Rätsel lautete: Es gibt auf Erden etwas, das hat vier Füße am Morgen, zwei Füße am Mittag und drei Füße am Abend und nur eine Stimme. Ödipus wußte die Lösung: der Mensch ist es. Damit war die Sphinx ihrer Macht beraubt. Sie stürzte sich einfach in den Abgrund und starb. [3]
Auch wenn man die Erschaffer und die Entstehungszeit nicht genau kennt, kann man mit Sicherheit die Maße, die Materialbeschaffenheit und das Erscheinungsbild benennen. Der Korpus wurde aus dem Fels herausgemeißelt. Diese Stelle diente dem Abbau von Steinblöcken für die Cheopspyramide. In der Mitte des Steinbruchs beließ man einen gigantischen Monolithen, aus dem der etwa 70m lange und 30m hohe Sphinx geschaffen wurde.
Man wendet heute die größte Aufmerksamkeit dem Kopf des Sphinx zu. Dabei übersieht man leicht, dass ein sehr großer Teil der Gesamtlänge durch die Vorderpranken gebildet wird. Der Abstand zwischen ihnen verläuft nicht parallel, sondern verjüngt sich zu dem Ende hin fast wie zu einem Eingang. Stellen wir uns vor, der Chef der Ägyptischen Altertümerverwaltung Zahi Hawass erteilt uns eine Sondergenehmigung, wir haben einen besonders üppigen Bakschisch für die Wachen übrig oder wir können auf irgendeiner anderen Weise durch den Eingang zwischen den Prankenenden passieren.
Nach einem immer breiter werdenden Weg von etwa 15m zwischen den Pranken befinden wir uns vor der Brust des Löwen. Vor uns steht wie eine mächtige steinerne Tür die sogenannte Traumstele. Sie wurde vom Pharao Thutmosis IV. (18. Dynastie) errichtet. Der Sage nach soll der junge Prinz Thutmosis in der Wüste gejagt haben. Als er sich zur Mittagszeit mit seiner Gefolgschaft im Schatten der Sphinx rastete, schlief er ein. Der Sphinx erschien ihm im Traum und verhieß ihm die Herrschaft über Ägypten, wenn dieser ihn vom Sand befreite:
„Sieh mich an, blicke auf mich, mein Sohn Thutmosis! Ich bin dein Vater Horus-im-Horizont-Re-Atum, der dir das Königtum auf Erden vor den Lebenden gegeben wird. Du wirst die weiße und die rote Krone tragen auf dem Thron des Geb, des Leiters. Dir gehört dann die Erde in ihrer Länge und Breite, (alles) was das Auge des Allherrn erhellt. Die Speise gehört dir vom Inneren der beiden Länder und große Lieferungen jedes Fremdlandes, eine Lebenszeit mit großer Zeitdauer an Jahren.
Mein Gesicht ist dir (zugewendet), mein Herz ist dir (zugewendet). Du bist mein. Siehe, mein Zustand ist wie der eines, der in Not ist, indem jedes Glied sich auflöst. Der Wüstensand, der, auf dem ich mich befinde, der nähert sich mir, doch ich habe gewartet, um dich das tun zu lassen, das in meinem Herzen war, denn ich weiß, dass du mein Sohn und mein Schützer bist. [Nähere] dich, denn ich bin mit dir; ich führe dich.“ [4]
In dieser Inschrift wird der Sphinx das „Abbild des Chepri“ genannt und der Pharao ist der „Erbe Chepri“. Somit ist die Stele der wichtigste Beweis für die Urheberschaft Chephrens. Die Beweiskraft der Stele ist natürlich begrenzt, wenn man betrachtet, dass der monumentale Löwe mit dem rätselhaften Menschengesicht schon lange Jahrhunderte – oder doch Jahrtausende? – vor Thutmosis IV Regierungszeit vor das Plateau bewachte.
(Die „Traumstelle“ zwischen den Pranken der Sphinx)
Löwen waren immer schon beliebte Wächterfiguren gewesen. Man findet sie am Ischtartor in Babylon oder am Löwentor in Mykene. So gesehen bewacht der Sphinx auch einen Durchgang: Er sitzt an der Schlüsselstelle zwischen der Welt der Lebenden und dem Totenreich von Gizeh. [5]
Er ist in Ost-West-Richtung – mit dem Gesicht zur aufgehenden Sonne – ausgerichtet. Zufälligerweise ist dies aber auch dieselbe Richtung, aus der man sich dem Plateau, vor allem der Pyramide des Chephren nähern musste, wenn man vom Nil her kam. Seltsam erscheint nur, warum die Ägypter für die Bewachung der Pyramiden gerade einen Löwen wählte.
Man hatte eine Ganze Reihe von Göttern und Tieren zum Auswahl, die alle irgendwie mit der Welt der Toten in Verbindung standen. Gerade der Löwe eignet sich am wenigsten zur Wächterfigur einer Begräbnisstätte. Er taucht als solche nirgendwo sonst auf.
Der Löwenfels von Sigiriya
Verlassen wir nun Ägypten und begeben wir uns auf der Suche nach einem anderen Wächter in Tiergestalt, der dem ägyptischen Löwen in seiner Monumentalität fast ebenbürtig sein könnte. Unsere Reise geht über den Indischen Ozean nach Sigiriya auf Sri Lanka. Ein mächtiger Felsen erhebt sich jäh aus der Ebene, umgeben von einem etwa 130 Hektar großen Areal aus Künstlich angelegten Seen, Kanälen und Gärten.
Sein Anblick erinnert an den bekannten Ayrs Rock im Outback Australiens. Auch die Struktur des Gesteins ist dem australischen Felsen ähnlich. Der Felsen von Sigiriya hat den staunenden Augen jedoch weit mehr zu bieten, als das berühmte australische Pendant: Auf seinem Gipfelplateau befinden sich die Ruinen einer Festung. Um dahin zu gelangen, muss man einen 200m hohen Aufstieg in Kauf nehmen.
Heute ist der Aufweg für den Massentourismus bequem ausgebaut. Einst musste man allerdings über waghalsige Kletterkünste verfügen, um über den in Fels geschlagenen Trittstellen auf dem Plateau zu gelangen. Es gehörte nicht wenig Mut dazu, denn der Aufstieg ging durch das Maul eines gewaltigen Löwen!
Die Araber hielten den Sphinx für den „Vater des Schreckens. Auf die Singalesen wirkte der Löwe von Sigiriya nicht minder abschreckend. Der Name des Felsens zeugt von dieser Furcht. Sigiriya bedeutet nichts anderes als das „Maul des Löwen“. Übrigens, auf halber Höhe befindet sich eine andere touristische Attraktion: eine Galerie voll von bezaubernden Wandmalereien. Die Bilder stellen ein paar sehr anmutige, äußerst spärlich gekleidete „Wolkenmädchen“ dar.
(Der Löwenfels von Sigiriya / Sri Lanka)
Wenn man endlich oben auf das Plateau angelangt, hat man eine herrliche Aussicht auf die umgebende Landschaft, beherrscht von den künstlichen Seen und dem alles überwuchernden Urwald. Hier oben hat der einstige König Kassyapa [6] seine Trutzburg errichtet.
Ganze 18 Jahre lang (478-497 n. Chr.) regierte er von hier aus. Wer in den Palast wollte, musste das „Maul des Löwen“ passieren. Wahrscheinlich erblickte er eines Tages von hier oben das nahende Heer Mogallanas. Aus unerklärlichen Gründen verließ er die Festung und stellte sich dem Heer auf der Ebene unter dem Felsen. Als er merkte, dass seine Leute im Schlacht unterlagen, beging er Selbstmord indem er sich das Messer in die Brust stach.
Heute sind nur noch die im Fels gemeißelten Fundamente der Palastanlage zu sehen. Die einstige Zitadelle war von einer Mauer umgeben, die wie eine Fortsetzung des Felsens erschien. Unterhalb des Hauptfelsens befinden sich im nördlichen Teil einige mächtige Felsbrocken. In ihnen sind Höhlen enthalten, die größte von ihnen 12m lang. Von hier aus gelangt man nach Norden hin an einen schwarzen Felsen, dessen Oberfläche von quadratischen Löchern übersät ist. Wahrscheinlich steckten ursprünglich Holzsäulen darin, die ein weites Dach trugen. Drei breite Sitze, einer über dem anderen, sind in den Felsen gehauen.
Die Bedeutung der Bauten, die einst das Plateau beherrschten, kann heute nicht mit mehr geklärt werden. Wahrscheinlich war Kassyapa aber nicht der erster Bauherr auf dem Plateau. Die Felsen der westlichen Terrassen bergen insgesamt 23 Höhlen. Sieben von ihnen wurden schon im 2. Jh. v. Chr. von brahmanischen Mönchen bewohnt, die hier religiöse Inschriften hinterließen.
(Die Vorderpranken des Löwen von Sigiriya)
Die Gegend um den Felsen wurde seit frühesten Zeiten bewohnt. Der Archäologe Bandaranayake, der die Anlage über zwanzig Jahre lang erforschte, fand Belege über die ununterbrochene Anwesenheit der Menschen seit 20.000 Jahren. Die Siedler des Sigiriya-Beckens betrieben Landwirtschaft und sie bewässerten ihre Felder.
Auch die Eisenherstellung war ihnen bekannt. Mit Hilfe der C14-Methode wurde bewiesen, dass in den Höhlen um den Felsen herum die älteste Eisenhütte der Welt existierte. Neolithische Dörfer gab es nachweislich seit 5.000 Jahren im Sigiriya-Becken. So ist es anzunehmen, dass auch das Plateau des Löwenfelsen schon sehr früh mindestens teilweise ausgebaut wurde. [7]
Vom Löwen selbst sind nur noch die Vorderpranken erhalten geblieben. Die Gesamthöhe des Tieres war mit geschätztem 19m etwas kleiner als des ägyptischen Sphinx. Für den Betrachter muss er trotzdem einen gewaltigen Eindruck gemacht haben, mit seinem Vorderkörper aus dem Felsen herausragend, mit den gigantischen, mit Krallen bestückten Tatzen. Leider werden wir nie erfahren, wie er ausgesehen hat, denn es gibt keine Bruchsteine vor dem Felsen, aus denen man den Kopf und Brust rekonstruieren könnte.
Gab es eine Verbindung zwischen den Erbauern der zwei Plastiken?
Der Löwe in der Wächterrolle der Tore und Zugänge wurde in der Regel an den Schlüsselstellen zu den Machtzentren der lebenden Herrschern angebracht. Das Löwentor in Mykene, das Ischtartor in Babylon und die Löwenpranken von Sigiriya stehen allesamt an strategischen Stellen, die im Falle einer Invasion eine wichtige Rolle gespielt hätten. Sie sollten eigentlich diejenigen abschrecken, die sich dem Palast des Königs mit kämpferischen Ansichten nähern wollten. Die Löwenkönigin Sekhmet der ägyptischen Mythologie ist eigentlich auch eine Kriegsgöttin. Durch welchen Irrtum kam sie zu der Ehre, eine Grabstätte zu bewachen? Oder hatten die einstigen Erschaffer mit kämpferischen Angriffen gerechnet?
Das Außergewöhnliche am ägyptischen Sphinx und dem sigiyrischen Löwen ist ihre Monumentalität. Wenn man sich vom Nil her den Pyramiden nähert, begegnet man dem Sphinx im Frontalansicht. Die hartnäckigen Gerüchte über irgendwelche Geheimkammer zielen meist zwischen den Vorderpranken, an der Stelle hinter dem Traumstele Tutmoses – dem Brustbereich des Löwen. Auch dem sigiyrischen Löwen nähert man sich im Frontalansicht und muss zwischen seinen Pranken – und früher sogar durch sein Maul – hindurch, will man auf das Felsplateau gelangen.
Welche Verbindung gab es zwischen den Erbauern der zwei Plastiken? Immerhin liegen zwischen ihnen rund 6.000km und, will man sich an den anerkannten Erschaffungszeiten halten, 3.000 Jahre. Ist es ein purer Zufall, dass die zwei größten Tierdarstellungen der Welt jeweils einen Löwen zum Motiv haben? Darstellungen in dieser Größe wurden in allen Kulturen ausschließlich den Göttern oder höchstens noch den vergöttlichten Herrschern vorbehalten.
In Ägypten war der Sphinx ein beliebtes Motiv. Auch in den späteren Zeiten findet man Sphingen in verschiedenen Formen. Aber weder der Sphinx von Gizeh noch der sigiriysche Löwe wurden für einen Gott gehalten. Ihre Funktion war die Abschreckung und die Einschüchterung des Betrachters. Tatsächlich wirkte der Sphinx sehr abschreckend. Die Araber nannten ihn in späteren Zeiten „der Vater des Schreckens“.
Der Kopf des Sphinx ist im Gegensatz zu dem sigiriyschen Löwen noch vorhanden, obwohl beschädigt: ein Teil der Nase wurde dem Volksglauben nach durch eine Kugel von Napoleons Kanonen abgeschossen. Der Bart, der unter dem Kopf im Sand gefunden wurde, befindet sich heute im British Museum.
Und es gibt Stimmen, die behaupten, dass der Kopf im Verhältnis zu dem Rumpf zu klein wäre. Das würde bedeuten, der Kopf, wie wir ihn heute sehen, wurde nachträglich bearbeitet und wir wissen nicht, wie der ursprüngliche Kopf ausgesehen hat.
Befand sich die Dämonenhauptstadt Lanka auf Sigiriya?
Die Anlage von Sigiriya wird eindeutig König Kassyapa zugeschrieben. Nach seinem Tode wurde die Felsenfestung verlassen und verfiel allmählich. Die Chronisten schweigen jedoch darüber, was vor Kassyapas Zeit in Sigiriya war. Nicht selten aber wurde die Felsenfestung von Sigiriya mit den Legenden und Märchen des Ramayana verflochten.
Das Ramayana ist eine der zwei großen antiken indischen Epen. Erzählt wird in einer äußerst blumigen Bildersprache die Liebesgeschichte zwischen dem dunkelhäutigen Prinzen Rama und seiner Prinzessin Sita. In der Sanskritsprache verfasst, wird der Epos dem legendären Sänger Valmiki zugeschrieben und als solche im 2. Jh. n. Chr. datiert. Die Geschehnisse des Epos entstammen jedoch einer früheren Zeit und wurden in Form von Balladen und Liedern überliefert:
Rama muss wegen einer Gelübde vierzehn Jahre lang als Einsiedler im Wald leben, wo er von seiner Frau Sita begleitet wird. Eines Tages besucht der Dämonenkönig Ravana Sita und umwirbt sie. Als sie ihm widersteht, entführt sie auf seinen goldenen Wagen und fliegt mit ihr über das Meer in seine Hauptstadt Lanka im Indischen Ozean. Rama startet auf der Suche nach der Prinzessin. Hilfe bekommt er vom braven Affen Hanuman, der nach tagelangen Riesensprüngen durch den Urwald und über das Meer Sitas Gewahrsam ausfindig macht, Lanka in Brand setzt und mit Hilfe seiner Affen eine Brücke über das Meer baut, auf dem das Heer von Ramas Getreuen auf die Insel gelangen kann. Rama kehrt mit der Prinzessin auf dem goldenen Prunkwagen Ravanas wieder nach Hause.
Lanka wird von den Literaturwissenschaftlern einvernehmlich auf Sri Lanka gesucht. Der Epos sagt, dass Ravanas Palast sich auf einem mächtigen Felsen befand. Ramas Freund, der edle Affe Hanuman, bekommt in Lanka einiges zu sehen: „herrliche Paläste, überdachte Hauptstraßen, diese wohlgepflasterten Plätze und Straßen umrahmt von Gebäuden; diese Kreuzwege, Pfade und Alleen, und das Innere der Wohnungen; und auf den Terrassen und Straßen und königlichen Wegen schrieen alle Dämonen“ [8]
Sicherlich wurde der Epos im Laufe der Zeit immer wieder erweitert und ausgeschmückt. Es ist schwer, mit Gewissheit zu behaupten, dass Sigiriya Ravanas Hauptstadt gewesen war. Wenn man aber nach einem auf einem Felsen gebauten Palast sucht, dann kommt nur Sigiriya in Frage.
Manche wollen in Kassyapa sogar den Halbbruder des Dämonenkönigs aus dem Ramayana Kubera erkennen. Kubera galt als der reichste Mensch seiner Zeit. Er stahl das Fluggerät seines Bruders Ravana, das Pushpaka um mit ihm nach Sigiriya zu fliegen. Er soll die Festung erbaut haben, um hier seine Schätze zu verbergen und um von diesem Felsen mit dem Fluggerät abheben zu können. [9]
(Rekonstruktion der sog. „Unterwasserpyramide“ von Yonaguni)
Die „Unterwasserpyramide“ von Yonaguni
Folgen wir unserer Reiseroute weiter nach Osten ins Chinesische Meer, bis zu den Küsten der japanischen Insel Yonaguni.. Für diejenigen, die diesen Namen noch nie gehört haben: Yonaguni ist eine kleine, unscheinbare Insel. Sie liegt zwischen den Okinawa Inseln und Taiwan rund 5.000km Luftlinie von Sigiriya. Ein kleines Taucherparadies nordwestlich von Okinawa. Nichts von Bedeutung, schon gar nicht für einen Europäer.
Die Welt wurde auf diese Insel erst in den achtziger Jahren aufmerksam, als der japanischer Taucher Kihachiro Aratake auf der Suche nach neuen Tauchgründen für Touristen seltsame Steinformationen entdeckte. Bei einer genaueren Betrachtung kam es ihm vor, dass das steinerne Gebilde von Menschenhand bearbeitet gewesen sein musste. Die genaue Kanten, die präzisen Winkel, alles deutete darauf hin.
Aratake zeigte seine Entdeckung zunächst den Wissenschaftlern. Professor Masaaki Kimura, ein Meeresgeologe von der Universität Ryukyu, war bei näherer Untersuchung schnell überzeugt, dass die Anlage von Menschen bearbeitet wurde. Viele Archäologen sind dagegen der Meinung, das seltsame Monument sei aus einer Laune der Natur entstanden. Es ist beinahe belustigend, dass sich die Archäologen in Geologie besser auskennen wollen, als die Geologen selber, und letztere sich wiederum für Experten in Archäologie halten.
Inzwischen hat Aratake auch andere ähnliche Formationen in der Nähe entdeckt, eine von ihnen bei der Insel Aguni. Wir wollen uns aber nur mit dem ersten und bedeutendsten Monument beschäftigen.
Wer sich über die Anlage von Yonaguni informieren will, wird meist auf den verschiedensten Internetseiten fündig. Neben den überzeugenden Fotoaufnahmen erfährt man wiederholt über die Geschichte ihrer Entdeckung und die Spekulationen über ihr Alter. Die Maße sind auch „genau“ angegeben. Einmal ist sie genau 100 m lang, 25 m hoch und 33 breit.
Auf einer anderen Seite ist sie wiederum 50 m lang, 20 m breit und ohne Höhenangabe. Wenn man die begrenzte Sichtweise und die anderen außergewöhnlichen Bedingungen, die unter Wasser herrschen, sowie die Leichtfertigkeit der Internetautoren berücksichtigt, wird man über diese starken Abweichungen nicht besonders überrascht sein. Es ist nur wirklich schade, dass nach 16 Jahren immer noch keine geeignete Fachliteratur über diese Anlage auf dem Markt zu finden ist.
John Chandler ist einer derer, die sich selber einen Eindruck machen wollten. Er tauchte zu dem Monument von Yonaguni, machte mehrere Fotoaufnahmen und publizierte diese im SportDiver 3/2001. Er teilt Professor Kimuras Meinung und in einem E-Mail-Wechsel hat er mir zwei triftige Argumente hierfür genannt:
Am Fuße der Anlage sind keine Bruchsteine vorhanden. Bei natürlichen Steinformationen sind die abgebrochenen Steine am Boden wiederzufinden. Der Fuß des Monuments befindet sich in 30 m Tiefe. Genau so viel ist der Meeresspiegel in den letzten 12.000 Jahren gestiegen. Damals muss die Anlage am Ufer des Meeres gestanden haben.
Um diese Zeit fanden vermutlich mehrere auffallende Phänomene statt. In manchen Gegenden, so auch in dem französischen Zentralmassiv, herrschte eine starke vulkanische Aktivität. Es gab extreme Temperaturschwankungen zwischen Sommer und Winter. In der Sahara regnete es oft in dieser Zeit. Und vor allem das Klima der Erde erwärmte sich.
Als Folge, stieg zwischen 14.500 und 9.300 das Meeresniveau durchschnittlich um 1,5 m pro Jahrhundert. [10] Demnach muss der Mensch seine Spuren auf den Monumenten von Yonaguni etwa vor 12.000 Jahren hinterlassen haben.
Die Anlage wurde unter dem Namen die Unterwasserpyramide von Yonaguni bekannt. Diese Bezeichnung ist nicht gerechtfertigt, denn die Anlage hat nichts mit einer Pyramide zu tun. Der ursprüngliche Fels hat einen länglichen Form ähnlich der Form der Felsenfestung von Sigiriya. Und die Bearbeitung – falls es sich um eine Bearbeitung von Menschenhand handelt – ist dem Felsen von Sigiriya sehr ähnlich. Ein Blick auf das Bild des Plateaus von Sigiriya und der Zeichnung des Unterwasserfelsen von Yonaguni gibt uns einen ersten Eindruck, der einen minutiösen Vergleich rechtfertigt.
Gemeinsamkeiten zwischen dem Felsen von Sigiriya und der „Unterwasserpyramide“ von Yonaguni
Die Felsmassive selber sind von der Natur erschaffen worden. Der japanische Fels ist um einiges kleiner als der von Sri Lanka. Interessant ist jedoch, dass die von der Natur vorgegebene Ähnlichkeit erkannt und auf ähnlicher Weise verwertet wurde.
Beide haben auf dem Felsplateau eingemeißelte Fundamente und Terrassen. Zu dem Plateau führen Treppenläufe (1), wobei die singalesische Festung nur einen Zugang besitzt, während die Unterwasseranlage von Yonaguni scheinbar an mehreren Stellen zugänglich war. Der erkennbar vornehmste Platz (2) befindet sich an höchster Stelle, an dem höheren Ende des Plateaus.
Davor ist eine Terrasse mit jeweils zwei Aushöhlungen (3). In Sigiriya sind sie quadratisch, in Yonaguni rundlich. Etwas östlich von der Mitte des ceylonischen Plateaus hin befindet sich ein quadratisches Becken (4). Chandler [11] will auf dem Plateau des japanischen Felsens, zu der Mitte hin, auch ein Pool erkannt haben. Das andere Ende beider Plateaus ist von abfallenden Terrassen beherrscht (5).
An der rechten Seite, am Rande des Plateaus befindet sich jeweils eine seltsame, rechteckige längliche Empore (6). Neben dem „vornehmsten Platz“ befindet sich jeweils eine Aushöhlung. (7). Die in Sygiriya ist viereckig, wogegen die von Yonaguni eine schwer definierbare Form hat. Und zuletzt finden wir bei beiden Anlagen einen leicht ansteigenden Aufweg (8).
Das gesamte Plateau ist in Terrassen aufgeteilt, die von einander mit gigantischen Stufen abgegrenzt sind, als ob sie für die Schritte der vorzeitigen Giganten bemessen wären.
Die auffälligsten Unterschiede, die nicht von der Natur gegebenen Form des Felsens bedingt sind, sind wahrscheinlich die Treppenläufe zwischen den einzelnen Terrassen, die in Sigiriya vorzufinden sind, in Yonaguni jedoch fehlen. Vielleicht haben die Erbauer der letzteren Anlage für ähnliche Treppenläufe ein Material verwendet, das durch die Wirkung des Wassers zerstört wurde, wie zum Beispiel Holz oder Ähnliches.
Zum Ende der Reise
Unsere virtuelle Reise in die Geschichte – vom ägyptischen Sphinx über dem Löwenfelsen von Sigiriya bis nach Yonaguni – hat uns über eine Strecke von über 11.000 km geführt. Sie war zugleich eine Reise in eine Vergangenheit jenseits des geschichtlichen Bewusstseins.
Eine etwaige Verbindung zwischen diesen Kulturen liegt im Dunkeln der Zeit vergraben. Nach unserem heutigen Wissensstand ist die Behauptung, dass zwischen all diesen Orten vor 12.000 Jahren – so lange ist es her, dass die Unterwasseranlage von Yonaguni überflutet wurde – eine Verbindung zwischen diesen Orten gegeben hat, recht wagemutig. Deshalb möchte ich statt einer Schlussfolgerung zwei Fragen stellen, die der Sphinx würdig sind:
Was veranlasste die Erschaffer der zwei größten Tierdarstellungen der Welt im Abstand von Tausenden von Kilometern und Tausenden von Jahren jeweils einen Löwen als Motiv zu wählen? Und aus welchen Gründen planten die „Architekten“ zweier Plateaus – getrennt wiederum durch Tausende von Jahren und Kilometer – ähnliche Elemente an denselben Stellen?
Videos:
https://vimeo.com/224034095
https://www.youtube.com/watch?v=cm4eUPNo3_8&t=339s
Ein sehr interessanter Artikel. Besonders wertvoll erscheint mir die graphische Gegenüberstellung von Sigiriya und Yunaguni, für mich ein neues, archaologisches Detail. Vielen Dank!
..selbst die alten Sri Lankis streiten noch immer darüber ,ob es wirklich ein Löwe war..der Kopf fehlt & die Pranken am eingang haben drei Zehen wohl doch eher ein Vogel..?