Die Spitze des Hochvogels ist ein markanter Punkt in den Allgäuer Alpen. Mit einer Höhe von 2592 Metern ist der Berg einer der höchsten des Gebirges.
Doch der Hochvogel bröckelt schon seit Jahren. Am Gipfel zeigt sich ein meterbreiter Riss, wo der Berg auseinanderklafft
Der Hochvogel ist ein bei Bergsteigern und Wanderern beliebter Gipfel in den Allgäuer Alpen. Doch seit einigen Jahren ist der Berg aus einem anderen Grund immer wieder Thema. Denn der Hochvogel zerbricht – an seiner Spitze zeigt sich schon jetzt ein Riss, der mehrere Meter breit und mehr als 30 Meter lang ist.
Seine genauen Ausmaße: 35 Meter Länge, zwei bis sechs Meter Breite und 60 Meter Tiefe. Und er wird immer größer: „Der Spalt öffnet sich derzeit mit circa 1-2 Millimetern pro Monat“, weiß Johannes Leinauer von der TU München, der sich mit der Hangbewegung des Berges beschäftigt.
Zudem könne man beobachten, dass die Bewegungen nach starken Niederschlägen noch mehr zunehmen. In Deutschland ist die Situation am Hochvogel einzigartig, erklärt Leinauer. Doch wieso ist ausgerechnet dieser Berg so brüchig?
Für die Erosion am Hochvogel gibt es verschiedene Ursachen. „Der Riss am Hochvogel hat sich über viele Jahrzehnte hinweg entwickelt und ist ein Resultat der starken Spannungen im Fels“, erklärt Leinauer.
Grund seien die sehr steile Topografie, die zunehmende Verwitterung und auch das brüchige Dolomitgestein.
Wie gefährlich ist der bröckelnde Berg?
Schon jetzt zeigen sich die Folgen des bröckelnden Hochvogels. Immer wieder werden Aufstiege wegen der akuten Steinschlaggefahr gesperrt. Doch mutmaßlich kommt es noch deutlich schlimmer: Forscher rechnen mit einem Felssturz.
Dann würden 260.000 Kubikmeter Gestein in das österreichische Hornbachtal hinabstürzen. Ein Bergsturz, wie etwa 2017 in Bondo, sei allerdings nicht zu fürchten. Damals kollabierte ein großer Teil des Bergs Piz Cengalo, der nahegelegene Ort Bondo musste evakuiert werden, acht Menschen kamen ums Leben.
„Von einem Bergsturz redet man erst ab einem Volumen von 1 Million Kubikmeter. Da wir am Hochvogel maximal mit einigen Hunderttausend Kubikmeter rechnen, erwarten wir einen Felssturz“, erklärt Johannes Leinauer.
Im Fall des Hochvogels rechne man zudem auch nicht damit, dass alles auf einmal abbreche. „Es ist wahrscheinlich, dass Teilbereiche nach und nach abstürzen“, so Leinauer. Schon in den nächsten Jahren werde es vermutlich dazu kommen. Zum Glück seien aber keine Siedlungen betroffen.
Das meiste Material werde wohl in das unbewohnte Weittal auf der Österreichischen Seite fallen.
Trotzdem überwachen Leinauer und seine Kollegen die Bewegungen des Berges genau und beobachten die Spaltöffnung, Neigung, Regen und Deformationen.
„Außerdem testen wir im Projekt viele verschiedene Messmethoden, um herauszufinden, wie wir solche Naturgefahren am besten überwachen können“, ergänzt Leinauer.
So soll nicht nur frühzeitig erkannt werden, ob sich die Situation verschärft, sondern auch Erkenntnisse gesammelt werden, die auch auf andere Berge übertragbar sind.