In der Korona der Sonne regnet es nicht nur Plasma – dort stürzen auch leuchtende Feuerbälle vom Himmel. Aufnahmen der ESA-Raumsonde Solar Orbiter enthüllen bis zu 890 Kilometer große Plasmaklumpen, die in den Magnetfeldschleifen der solaren Korona auskondensieren und wie glühende Meteore auf die Sonnenoberfläche fallen.
Der Aufprall dieser Feuerbälle erzeugt Schockwellen, die als helle, heiße Spuren wieder bis in die Korona hinaufspritzen, wie Astronomen berichten.
Die Sonne und vor allem ihre Korona geben noch viele Rätsel auf. Eines davon sind die komplexen Wechselwirkungen der solaren Magnetfeldlinien untereinander und mit dem glühenden Plasma der Sonnenoberfläche.
So bilden die Feldlinien häufig riesige, hoch über die Sonnenoberfläche aufragende Schleifen, durch die wie durch Röhren solares Plasma und Gase strömen. Reißen diese Schleifen oder kommt es zwischen diesen Magnetfeldlinien zu Kurzschlüssen, kann dies Ausbrüche zur Folge haben.
Regen aus glühendem Plasma
Ein weiteres, eng mit den solaren Magnetschleifen verknüpftes Phänomen ist der koronare Regen. Er entsteht, wenn das entlang der Schleifen strömende gasförmige Plasma plötzlich stark abkühlt und auskondensiert. Dadurch entsteht ein Regen aus glutflüssigem Plasma, der auf die Sonnenoberfläche zurückfällt.
„Dieser koronare Regen repräsentiert ein in Bezug auf seine Morphologie und Kinetik einmaliges Phänomen“, erklären Patrick Antolin von der Northumbria University und seine Kollegen. Frühere Beobachtungen haben bereits gezeigt, dass dieser Plasmaregen oft klumpig erscheint.
Jetzt haben Antolin und sein Team diesen koronaren Regen erstmals aus der Nähe beobachtet und dabei eine weitere einzigartige Eigenheit entdeckt. Für ihre Studie hatten die Astronomen Aufnahmen der ESA-Raumsonde Solar Orbiter ausgewertet, die die Sonne in elliptischen Orbits umkreist und ihr dabei immer wieder relativ nahe kommt.
Im Frühjahr 2022 passierte der Orbiter die Sonnenoberfläche in nur 49 Millionen Kilometer Entfernung und erstellte dabei hochaufgelöste Extrem-UV-Aufnahmen von zwei größeren koronaren Regenschauern.
500 Kilometer große Feuerbälle
Die Aufnahmen enthüllten gleich mehrere nie zuvor gesehen Details des koronaren Regens. So sind im Plasmaregen deutlich zahlreiche große Klumpen zu erkennen. Diese dichten Ansammlungen kondensierten Plasmas sind im Schnitt 500 Kilometer groß, einige erreichen aber auch Durchmesser von 890 Kilometern.
„Im Extrem-UV erscheinen diese Regenklumpen dunkel, weil neutraler Wasserstoff sowie neutrales und einfach ionisiertes Helium in ihnen die EUV-Strahlung absorbieren“, erklären die Forschenden.
Im sichtbaren Licht jedoch würden diese koronaren Regenklumpen gewaltigen Feuerbällen ähneln, die auf die Sonnenoberfläche hinabstürzen – ähnlich überdimensionierten Meteoren.
„Wenn wir Menschen auf der Sonnenoberfläche stehen könnten, würden wir sie als fantastische Sternschuppen sehen“, sagt Antolin. „Allerdings müssten wir uns vor ihrem Einschlag in Acht nehmen.“ Denn mit hunderten Kilometern Größe wären diese glühenden Plasmaklumpen noch tödlicher als es die Sonnenoberfläche ohnehin schon ist.
Aufgeheizter „Vorneweg-Schweif“
Überraschend dabei: Direkt unterhalb der herabstürzenden Klumpen bilden sich helle, stark aufgeheizte Streifen – wie eine Art umgekehrter Schweif. „Diese helle Zone liegt immer unterhalb der dunklen Absorption des Klumpens, bei einigen Regenklumpen erscheint sie erst kurz vor dem Einschlag in die solare Chromosphäre“, so die Astronomen.
Bei anderen koronaren Regenfällen entsteht ein langer heller Pfad direkt neben und vor den dunkleren Klumpen.
Die Forschenden führen diese Leuchterscheinung darauf zurück, dass die mehr als 100 Kilometer pro Sekunde schnellen Regenklumpen das Gas vor ihnen komprimieren und stark aufheizen. In den hellen Streifen kann das Gas dabei vorübergehend bis zu einer Million Grad heiß werden.
Auf einen ähnlichen Effekt geht auch das noch hellere Aufleuchten unmittelbar vor dem Aufprall dieser solaren Feuerbälle zurück.
Erster Nachweis eines Zurückspritzens
„Ein weiteres neuartiges Phänomen sind ein Rückprall und Aufstrom, der dem Einschlag des Regenklumpens in die Chromosphäre folgt“, berichten Antolin und seine Kollegen. Auch dieses Hochspritzen von Plasma war im Extrem-UV als helles, sich ausbreitendes Leuchten erkennbar.
Ähnlich wie die kondensierten Regenklumpen bei ihrem Sturz den Linien der Magnetfeldschleifen folgen, rast auch dieses zurückspritzende Material entlang der Feldlinien nach oben.
„Unseres Wissens nach ist dies der erste Bericht über dieses Phänomen, obwohl seine Existenz schon seit Jahrzehnten in numerischen Simulationen vorhergesagt wurde“, schreiben Antolin und sein Team.
Weil das koronare Gas sowohl während des solaren Regens als auch nach dem Aufprall der kondensierten Klumpen komprimiert und aufgeheizt wird, könnte dieser Prozess sogar mit zur Aufheizung der Korona beitragen.
Ob das wirklich so ist, muss aber erst noch näher untersucht werden.