Die phlegräischen Felder im Süden Italiens kommen nicht zur Ruhe. Ein Erdbebenschwarm nach dem anderen erschüttert die Bucht rund um die Hafenstadt Pozzuoli bis in den Westen Neapels.
Am Mittwochmorgen (24. April) gab es um 6.20 Uhr den stärksten Erdstoß innerhalb von 24 Stunden im Meer vor der Küste mit der Magnitude 2,1.
Die Erdbeben sind die Begleiterscheinung des Phänomens des Bradyseismos, das das durch Vulkanismus verursachte Heben und Senken eines Areals über einem Magmavorkommen bezeichnet.
Diese Hebung wird in der Regel durch Eindringen von Magma aus der Tiefe von einem tieferen in ein weniger hoch gelegenes Reservoir verursacht, was zu einem Vulkanausbruch führen kann.
Neuester Überwachungsbericht vom Supervulkan in Italien lässt die Alarmglocken schrillen
Flüssiges Magma hat aber auch die Eigenschaft, Wasser und Gase abzusondern oder Grundwasser zu erhitzen, was ebenfalls zur Ausdehnung führt. Zurzeit befinden sich die phlegräischen Felder jedenfalls in einer massiven Hebungsphase.
Der jüngste Wochenbericht des Nationalen Geophysikalischen und Vulkanologischen Institut (INGV) lässt bei den rund 500.000 Bewohnern der „Roten Zone“ die Alarmglocken schrillen. Die Hebungsrate am Supervulkan hat sich vervierfacht, die ganze Bucht hebt sich so schnell, wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
In den letzten Monaten hatte sich der Boden rund um Pozzuoli um durchschnittlich einen Zentimeter pro Monat gehoben, die Messungen finden im Stadtteil Rione Terra nahe der Küste statt.
Zwischen dem 9. und 10. April machte die Bucht einen Sprung von einem Zentimeter innerhalb von nur zwei Tagen. Zwischen 15. und 16. April wurde ein weiterer Sprung von einem halben Zentimeter registriert.
Die ganze Bucht wölbt sich immer schneller über dem Supervulkan
„Diese beiden Episoden wurden auch von den anderen Stationen in der Nähe in einem Radius von etwa zwei bis drei Kilometern gemessen“, heißt es in dem Bericht. Die Werte nehmen allerdings vom Zentrum der Hebung in Pozzuoli nach außen hin ab.
Das Resümee des INGV: „Insgesamt gab es in den letzten 15 Tagen eine Hebung im Bereich mit maximaler Verformung von etwa zwei Zentimetern.“
Auf den Monat gerechnet wären das vier Zentimeter. Eine realistische und zuverlässige Schätzung der durchschnittlichen monatlichen Hebungsgeschwindigkeit könne man aber erst mit den Daten der kommenden Wochen abgeben, heißt es. Seit 2005 ist das Bodenniveau 1,26 Meter gestiegen.
Das sind 31,5 Zentimeter über dem Rekord der 80er Jahre, als Pozzuoli aus Sorge vor einem bevorstehenden Vulkanausbruch evakuiert wurde. In den 50er Jahren lag es sogar vier Meter tiefer.
Der Präsident des INGV, Carlo Doglioni, erklärte in einem Interview mit dem Wissenschaftsportal geopop.it Anfang der Woche, dass die Hebung in den phlegräischen Feldern „derzeit vier Zentimeter pro Monat“ beträgt, somit hat sich das Tempo vervierfacht.
Auch ein weiterer Wert ist gestiegen: An den Dampfaustrittsstellen (Fumarolen) der Solfatara ist die Durchschnittstemperatur in fünf Meter Höhe auf 95 Grad gestiegen, bislang war es ein Grad weniger. Die heißen Quellen sind versiegt, es gibt also weniger Wasser im Untergrund.
Magmalinse in vier Kilometern Tiefe wird noch von porösem Gestein blockiert
„Was wir beobachten, beruhigt uns nicht ganz“, so Doglioni. Die Beschleunigung der Bodenhebung „hat uns objektiv in einen Zustand noch größerer Aufmerksamkeit versetzt.“ Was die Ursache betrifft, hat er zwei Modelle parat: „Eines besagt, dass es eine Magmalinse gibt, die in der Tiefe, etwa vier Kilometer tief, die in die Sedimentreihe eindringt“.
„Andere glauben, dass diese Ausbeulung mit dem Druck der Flüssigkeiten zusammenhängt.“ Doglionis persönliche Interpretation ist, dass es eine „etwa vier Kilometer tiefe Versiegelung“ gibt, die das Magma aufhält, was die Beben verursache.
„Es gibt jedoch auch Ausbrüche, die aus der tiefsten Magmakammer stammen können, die etwa sieben bis acht Kilometer tief sein sollte.“ Eine Studie hatte im vorigen Jahr davor gewarnt, dass das Gestein, das das Magma blockiert, brüchig werden könne.
Demzufolge ist also Magma vorhanden, einen Ausbruch könne man also nicht ausschließen. Aber: „Wir sprechen von sehr kleinen Volumina.“
Große Eruptionen wie die apokalyptischen Ausbrüche in der Eiszeit erforderten Doglioni zufolge Volumina von mehreren zehn, wenn nicht hunderten Quadratkilometern.
Jüngst hatte eine Simulation eines Maximalausbruches des Supervulkans durch das Schweizer Fernsehen für Aufruhr in ganz Italien gesorgt. Doglioni: „Aktuell handelt es sich um Magmamengen von unter einem Kubikkilometer, vielleicht sogar nur Zehntel Kubikkilometer, also sehr kleine Volumina, die keine großen Eruptionen hervorrufen können.“
Vulkankrater erinnert an letzen Ausbruch – schlummert unter ihm ein Magmariese?
Ein Ausbruch, der sich in der näheren Zukunft in den phlegräischen Feldern ereignen könnte, wäre eher dem des Monte Nuovo im Jahr 1538 ähnlich, der lokal beschränkt war und der sich so ankündigte, dass die Anwohner flüchten konnten.
„Also viel kleiner und mit einem sehr begrenzten Volumen und begrenzten Schäden“, so der Chefforscher. Der Wissenschaftskanal Geopop.it hatte jüngst so einen kleineren Ausbruch simuliert. Derzeit mache sich Doglioni mehr Sorgen um die Gefahr von Erdbeben.
Einer INVG-Studie des vorigen Jahres zufolge war der Ausbruch des Monte Nuovo 1583 allerdings nur eine abgebrochene große Eruption, bei der lediglich ein Hundertstel der Magmamenge ausgestoßen wurde.
In der Studie wurde von einer „verschleierten tieferen magmatische Wiederaufladung“ gewarnt. Eine weitere Studie hatte jüngst eine zweite gefährliche Struktur im Untergrund entdeckt.
Tag und Stunde steht doch schon lange fest, wenn die Haarps ‚gemeinsame Sache‘ machen..