Agartha (hindustanisch) oder Agarthi (mongolisch) ist in in alten Überlieferungen der Völker Zentralasiens der Name eines sagenhaften bzw. mythisch-legendären, unterirdischen Reiches, dessen Hauptstadt Shambala genannt und auch als „Quell des Glücks“ bezeichnet wird.
Der dort residierende Herrscher soll den Titel „Rigden-Jyepo“ (König der Welt) tragen. Angeblich soll der jeweils amtierende Dalai Lama auch als oberidischer Repräsentant von Agartha und „Schlüsselbewahrer“ eines geheimen Zugangs zu diesem Reich fungieren, der sich, wie der Volksmund in Tibet behauptet, im Potala-Palast in Lhasa, dem vormaligen Regierungssitz der Dalai Lamas befindet.
In Agartha sollen sich zudem „Reste einer vorsintflutlichen Menschheit erhalten“ haben, „die noch rechtzeitig von einem versunkenen Kontinent geflüchtet sei. Auch soll dieses Höhlensystem mit anderen, in weit entfernten Gegenden, in Verbindung stehen. […] Im tiefsten Innern [von Agartha] werde das alte Wissen gehütet, das der unbekannten und der bekannten Menschheiten, das der unbekannten und der bekannten Welten, alle Antworten der unbekannten und der bekannten Fragen…“
Dies macht Agartha / Agarthi – üblicherweise ein Thema, das vor allem in esoterischen Kreisen auf Interesse stößt – auch zu einem Forschungsgegenstand der Primhistorik und einem Randgebiet der Atlantisforschung.
Rezeption in Europa
In seinem Online-Essay „Woher kommt die moderne Esoterik“ bemerkt der Philologe Dr. Roland Müller: „Das Reich Agharta unter dem Himalaja und unter der Wüste Gobi, mit der Hauptstadt Sambhala oder Schamballa […] wurde zuerst (um 1880) beschrieben von J. A. Saint-Yves d’Alveydre und dann von Karl Haushofer […] Spätere Beschreibungen stammen von René Guénon in seinem Werk >Der König der Welt< (frz. 1927; dt. 1956) und von Nicholas Roerich in „Heart of Asia – Shambala“ (1930). […]
1933 beschrieb der englische Schriftsteller James Hilton in seinem Roman >Lost Horizon< das vergessene Land Shangri-La im Himalaja.“ In die westliche Esoterik implantiert hatte Agarthi und Shambala neben Saint-Yves d’Alveydre übrigens auch Helena Petrovna Blavatsky.
Im deutschsprachigen Raum machte vor allem der aus Polen stammende „Schriftsteller, Journalist, Reisende, Globetrotter, Explorer und Universitätsprofessor“ Ferdynand A. Ossendowski Agartha mit seinem – 1924 in Deutschland – erschienenen, Buch „Tiere, Menschen und Götter – Das Rätsel des Königs der Welt“ bekannt.
Darin schrieb er über das unterirdische Reich und seine Herrscher unter anderem: „Das Land unter der Erde ist ein großes Königreich. Zu ihm gehören Millionen von Menschen. Sein Herrscher ist der König der Welt. Dieser kennt alle Kräfte und vermag in die Seelen der Menschheit und in dem großen Buch ihres Geschickes zu lesen. Dieses Königreich ist Agarthi. Alle unterirdischen Völker und unter der Erde befindlichen Räume werden von Herrschern regiert, die dem König der Welt Untertan sind. […]
Die Hauptstadt Agarthi ist von Städten umgeben, die von Hohepriestern und Männern der Wissenschaft umgeben sind. Wenn die wahnsinnige Menschheit einen Krieg gegen das unterirdische Königreich beginnen sollte, so wäre dieses imstande, die ganze Oberfläche in die Luft zu sprengen und sie in eine Einöde zu verwandeln.“
Schon bald nach Erscheinen des Buches wurde Ossendowski scharf angegriffen. Beispielsweise versuchte der bekannte Forschungsreisende Sven Hedin nachzuweisen, dass Ossendowski gar nicht in Tibet gewesen sein könne, und dass Teile seines Berichts ein Plagiat des Werkes von Alexandre Saint-Yves d’Alveydre seien.
Ossendowskis Anhänger oder Nachfolger dagegen, wie etwa René Guénon, „brachten den Agharta-Mythos mit der Gralslegende in Verbindung und konstruierten eine chiliastische Vorstellung, in der der >König der Welt< die guten gegen die bösen Menschen in den Kampf führen wird.“
(Eine alte tibetische Darstellung der Stadt Shambala mit dem ‚König der Welt‘)
In der Nachfolge Karl Haushofers und aus dem Dunstkreis der Thule-Gesellschaft heraus entwickelte sich in der frühen Rechten Esoterik und im Ario-Atlantismus eine Rezeptionslinie zur Agartha-Legende, in der sie im Sinne ariozentrischer Ideologie instrumentalisiert wurde.
In diesem Zusammenhang wurde das zentralasiatische, unterirdische Reich neben einem ’nordisierten‘ Atlantis und mythologisch-geographischen Entitäten wie ‚Thule‘ bzw. ‚Hyperborea‘ oder ‚Arktogäa‘ zu einem zentralen Bezugspunkt auf der Suche nach einer vermeintlichen Urheimat der angeblichen „arischen Herrenrasse“.
Während des ‚Dritten Reichs‘ fand diese Suche ihre Fortsetzung u.a. in den Aktivitäten des ‚Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe‘, die insgesamt drei Expeditionen nach Tibet (1930, 1934, 1938/1939) organisierte, wo nach Meinung der Ario-Atlantisten um Heinrich Himmler ebenfalls Relikte ‚ältesten Ariertums‘ zu finden sein sollten.
Während es argumentativ belegbar ist, dass diese Expeditionen und die Gründung einer speziellen Abteilung („Forschungsstätte für Innerasien und Expeditionen“) innerhalb des ‚Ahnenerbe‘ nicht zuletzt dem Nachweis einer verschollenen ur-arischen Hochkultur in Tibet galten, erscheinen Annahmen, die NS-Emissäre und ihre Auftraggeber hätten dort gezielt nach Agartha oder Relikten dieses putativen Reichs (z.B. technologischer Natur) gesucht, bisher rein spekulativ.
Das Mysterium Agarthi
Der Autor Wilfried Stevens berichtet wie folgt:
Nach einer durch tibetanische Lamapriester überlieferten Legende soll es irgendwo an der Nordgrenze Afghanistans eine unterirdische Stadt geben, einem ausgedehnten Labyrinth gleich, mit kilometerlangen Tunnels, Gängen, Hallen, Kammern und Sälen in der unbekannten Tiefe der Erde, Agarthi genannt.
Nach einer indischen Legende soll es irgendwo unter dem Himalaya-Massiv eine unterirdische Stadt mit dem Namen Agartha geben. Eine Parallele, bei der man sich nur noch über die Schreibweise streiten kann.
In dieser Stadt, so die Legende, hätten sich Reste einer vorsintutlichen Menschheit erhalten, die noch rechtzeitig von einem versunkenen Kontinent geflüchtet sei. Auch soll dieses Höhlensystem mit anderen, in weit entfernten Gegenden, in Verbindung stehen.
Das unterirdische Reich Agarthi erstrecke sich über alle unterirdischen Gänge der Welt. Im tiefsten Innern werde das alte Wissen gehütet, das der unbekannten und der bekannten Menschheiten, das der unbekannten und der bekannten Welten, alle Antworten der unbekannten und der bekannten Fragen…
Wie auch immer der genaue Urtext war, und welche Versionen mit mehr oder weniger Glaubensinhalten es gibt, tatsächlich finden wir auf der ganzen Welt nicht nur viele unterirdische Anlagen und künstliche Höhlensysteme, sondern auch die vielen Mythen, Legenden und mündlichen Überlieferungen als ständige Begleiter, die das mythische Agarthi immer wieder in unserem tiefsten Unbewußten au eben lassen.
Noch immer gibt es keine endgültig neuen Erkenntnisse bezüglich der vielen Auffassungen und Theorien über Sinn und Zweck der bisher gefundenen Anlagen. Es muß hier wiederum in vieler Hinsicht kritisch differenziert werden.
Vorläufige Interpretationen wie „Schutzbauten“, „Fluchtstätten“, „Geheimbibliotheken“ usw. mögen wohl dem ursprünglichen Sinn solcher Anlagen noch immer am nächsten kommen, wenn man sich die Legenden von Agarthi vor Augen führt.
Eine Wiederholung der Auflistung der teils phantastischen Anlagen, z.B. in Südamerika, in der Türkei, in Südafrika, auf Borneo o.ä. sollte sich erübrigen, jedermann kann darüber in einem kleinen Sortiment Literatur nachrecherchieren.
Doch auch dies sollte uns nicht zufrieden stellen. Ebensowenig kann es uns befriedigen, dass die Gebiete, in denen Agarthi am Aussichtsreichsten zu finden wäre, noch immer wenig erforschte Gebiete sind: die Tekla-Makan-Wüste, das Altyn-Gebirge, das Kuenlun-Gebirge, die Wüste Gobi (?), Bhutan, und letztlich (doch?) das unwirtliche Gebirgsland Afghanistan.
Ortswechsel: Tschufut-Kale
Eine der interessanten Anlagen ist die von Tschufut-Kale auf der Krim. Die Höhlenstadt Tschufut-Kale gleicht einem Berg, der wie ein Termitenstock von Zellen und Gängen durchlöchert ist. Tschufut-Kale liegt in der Nähe des Ortes Bachtschissarai am Jaila-Gebirge. Zu dem Ort, der als eine urzeitliche Mysterienstätte gilt, gelangt man nur unter großer Mühe.
Keine Spur von Vegetation scheint die Anlage einer menschlichen Siedlung an dieser Stelle zu rechtfertigen. Nichts spiegelt die einstige zentrale Bedeutung dieses kleinen Areals wider. Sollte Tschufut-Kale nur eine Zufluchtstätte gewesen sein, obwohl die Stadt über Jahrtausende weiter benutzt wurde? Ist Tschufut-Kale ein Vorläufer von Agarthi?
Tartaren, Avaren, Chazaren, Ostgoten und die nordiranischen arischen Alanen haben hier zeitweise während der letzten beiden vorchristlichen Jahrtausende gehaust. Ebenso die Juden, woran noch der Name des Ortes „Tal Josaphat“ erinnert.
Und vor den Juden waren es die Asen (nicht das Göttergeschlecht, mit dem dieses Volk häufig verwechselt wird), deren Ursitze zu Füßen des Kaukasus am Asowschen Meer gelegen haben sollen. Noch immer ist Tschufut-Kale ein Rätsel und über die Erbauer wissen wir nichts.
In der Bibel finden wir einen Hinweis auf das Tal Josaphat. Es ist ein „symbolischer“ Ort, an dem der Tag des Ge richts statt nden soll. Christlich wird er mit dem Kidrontal identi ziert. In Joel, im Alten Testa- ment, heißt es:
3,3: Ich werde wunderbare Zeichen wirken am Himmel und auf der Erde, Blut und Feuer und Rauchsäulen.
3,4: Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, der große und schreckliche Tag.
4,2: …versammle ich alle Völker und führe sie hinab zum Tal Joschafat (ist identisch mit Josaphat).
4,12: Die Völker sollen aufbrechen und heraufziehen zum Tal Jo- schafat. Denn dort will ich zu Gericht sitzen über alle Völker ringsum.
Ist dies vielleicht die Erklärung für einen solchen (Schutz-)Bau? Kann Tschufut-Kale das Tal Josaphat sein oder ist das nur die Urerinnerung an eine urzeitliche Katastrophe, die an das „Jüngste Gericht“ im Tal Josaphat erinnert?
Afghanistan – die Steine von Bamian
Wenn wir der Legende folgen und alle möglichen Standorthypothesen der heutigen Zeit außer acht lassen, finden wir im Norden von Afghanistan hochinteressante Spuren!
In Afghanistan, in der Provinz Kapisa, nordwestlich von Kabul, befinden sich die Ruinen der Stadt Bamian. Man schätzt, dass dort rund zwölftausend Behausungen in den Fels gehauen wurden. In früheren Zeiten soll dieser Ort „Theben des Ostens“ genannt worden sein. Andere Quellen bezeichnen den Ort als „Theben des Orients“, Ghulghuleh. Im Jahre 1221 wurde er durch Dschingis- Khan geplündert und zerstört.
Das ganze Tal, in dem die alte Stadt liegt, ist voller Höhlen und Grotten, in denen buddhistische Mönche viele Jahrhunderte gelebt und viele Manuskripte angehäuft haben. Denen gesteht man, wie vielen buddhistischen Schriften, ein hohes Alter zu.
Noch heute kann man respektvoll staunend drei aus dem Felsen herausgehauene Kolossalstatuen betrachten: die „Wächter“ der geheimnisvollen Stadt Bamian. Die größte Statue ist 53 Meter hoch, also etwa zweieinhalb- mal so hoch wie die vertraute Sphinx. Die zweite Figur misst 35 Meter, die dritte Statue „nur“ noch zehn Meter. Angeblich sollen noch zwei weitere Statuen vorhanden gewesen sein, also insgesamt fünf „Wächter“. Parallel dazu gibt es die Zusatzvariante eines Lamapriesters, der Tourgout hieß.
Dieser Priester ließ dem Schriftsteller Ossendowski mitteilen, „dass Agarthi durch sieben Tore (Wächter?) behütet würde, die nur ein ,Reiner’ unbeschadet öffnen könnte.“
Die Einheimischen sprechen „von stummen, steinernen Zeugen, die die alte Zeit versiegeln.“ Aussagen, über die sich jeder seine eigenen Gedanken machen sollte.
Buddhistische Mönche haben die alten Statuen mit Gips überzogen, um sie in Buddhas umzuwandeln. Doch man soll diese Zweckentfremdung gut erkennen können. Bedauerlicherweise sind von den Riesenstatuen nur die Körper zu betrachten, während die Gesichter wahrscheinlich willkürlich zerstört wurden.
Da die buddhistischen Mönche wohl kaum ein Abbild Buddhas zerstören würden, muss es sich um weit ältere
Abbilder irgendwelcher „Riesen“(?), „Wächter“-figuren (?) oder „Gottheiten“(?) handeln.
Das gigantische Höhlenlabyrinth von Bamian beherbergt u.a. riesige Säle, die tausende Menschen fassen sollen, kilometerlange Gänge und Stollen, die kaum erforscht werden konnten, und urzeitliche Tempelanlagen. Hier könnte eine systematische Zerstörung stattgefunden haben, und so sind vielleicht nicht zu ersetzende Bibliotheken und damit auch Hinweise auf Agarthi für immer vernichtet worden.
Wenn Bamian mit dem nur wenige Kilometer entfernten, sehr fruchtbaren Ajdartal als Gesamtheit nun eine noch unbekannte Beziehung zu Agarthi hat? Quer zum Tal verläuft eine 250 Meter lange, achtzig Meter hohe und etwa zehn Meter dicke Mauer. Oben in der Mitte klafft eine etwa vierzig Zentimeter breite und sehr tiefe Längsspalte, die oft fälschlicherweise als Erdbebenriss erklärt wird.
Tief im Innern der Mauer und außerhalb finden sich viele heiße Springquellen, die die einstigen, uns unbekannten Erbauer von Bamian zu nutzen wussten. Viele Kanäle und Spalten – ich vermeide absichtlich das Wort „Leitung(en)“ -, die künstlich bearbeitet wurden, zeugen noch heute von einer Nutzung.
Zu wenig weiß man von der alten Ruinenstadt Bamian, um eine nahe Verbindung zu Agarthi herstellen zu können. Trotzdem kommt Bamian als naheliegender Ort in Frage, um Agarthi n den zu können.
Epilog
Agarthi, das unterirdische Reich, das sich im Norden von Afghanistan befinden soll, und das nach dem Schriftsteller Ossendowski in der Nähe von Shigatse unter dem Himalaya zu finden sei, bleibt ein Mysterium unserer unverstandenen Vergangenheit, solange keine ernsthaften Forschungen unternommen werden.
So lange ist es noch nicht her, dass Schliemann (Troja) uns eine neue Art des Forschens lehrte, nämlich nicht doktrinär zu forschen.