Die Chronologie-Kritik stellt den heute gelehrten chronologischen Ablauf der Geschichte in Frage.
Kernstück dieser Kritik sind Ungereimtheiten in Zusammenhang mit der „Abschrift“ antiker Dokumente im Mittelalter durch christliche Chronisten, die zur damaligen Zeit ein Monopol in Europa für die Geschichtsüberlieferung besaßen.
Die in diesem Zusammenhang anhand zahlreicher Dokumente nachgewiesene Fälschung wird als „große“ oder „gelehrte“ Aktion bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts thematisiert – insbesondere der deutsche Forscher Wilhelm Kammeier veröffentlichte – erstmals 1926 – mehrere Werke über diese Fälschungen.1
Während Kammeier sich auf die Fälschung von antiken Schriften und teilweise neuen Erstellung ausgedachter antiker Schriften konzentrierte und damit sowohl die Existenz verschiedener überlieferter Personen und Geschehnisse als auch daraus abgeleiteter Schlußfolgerungen in Frage stellte, gingen spätere Chronologiekritiker noch weiter:
Nach Heribert Illig, einem promovierten Kunsthistoriker und dem eigentlichen Neubegründer der Chronologiekritik, sind 300 Jahre – zwischen 614 und 911 – komplett erfunden worden und Kaiser Karl der Große somit nicht existent (erstmals publiziert 1991).²
Gunnar Heinsohn,ein späterer Co-Autor Illigs, strich verschiedene Kulturvölker aus dem Buch der Geschichte³ und schließlich konkretisierte Uwe Topper Fehler im heutigen Kalender, die zu einer Neudefiniton der Jahreszählung führen müßten4 und erklärte einen Großteil der Stücke in den europäischen Museen für gefälscht.5
Eine ebenfalls zur Chronologiekritik zu rechnende, jedoch weit darüber hinaus reichende Richtung stellt nun sogar verschiedene Thesen der Erd- und Evolutionsgeschichte ebenso in Frage und nähert sich dabei den Thesen der sogenannten Kreationisten an, welche die Gechichte streng Bibel-gemäß auslegen, wonach etwa die Erde erst ca. 6000 Jahre existiert.
Hier publizierte insbesondere Dr. Hans-Joachim Zillmer mehrere Veröffentlichungen.6
Grundlage der eigentlichen, sich auf das Mittelalter beziehenden Chronologie-Kritik, auch als „Phantomzeitthese“ bekannt, ist neben zahlreichen erwiesenen Fälschungen von Dokumenten die konstatierte „Fundleere“ des Frühmittelalters, die verschiedene Forscher dazu veranlaßte, für die Zeit zwischen 500 und 1000 vom „dunklen Mittelalter“ zu sprechen.7 Eine weitere Überlegung bezieht sich auf die Kalenderreform von 1582.
Um den Fehler zu korrigieren, der seit der Einführung des julianischen Kalenders aufgelaufen war, hätten 13 Tage übersprungen werden müssen. Doch es wurden nur 10 Tage ausgelassen, die restlichen 3 Tage aber entsprechen einem aufgelaufenen Fehler von 256 bis 384 Jahren.
Gegner der Phantomzeitthese behaupten, daß lediglich der seit dem Konzil von Nicäa 325 n.Chr. aufgelaufene Fehler korrigiert werden sollte, jedoch ist unbewiesen, ob auf jenem Konzil überhaupt eine Korrektur des Kalenders vorgenommen wurde – außerdem verbleiben dennoch drei fehlende Jahrhunderte.8
Nachdem Kammeier, nicht zuletzt aufgrund seines agressiv-sarkastischen und wenig für Kritik empfänglichen Stils keine allzugroße Bedeutung beigemessen wurde, entspannte sich seit der Neuauflage der Fälschungsthese zu Beginn der 90er Jahre und der zunehmenden Zahl beipflichtender Forscher eine große Debatte, die jedoch zumeist außerhalb der akademischen Forschung stattfindet.
Während letztere sich damit begnügte, eine kurze Entgegnungsschrift gegen Illig zu erstellen, füllt das Thema seit Jahren die einschlägigen Diskussionsforen im Weltnetz – etwa bei „archäologie online“. Seit der erstmaligen Formulierung der These wurde – nach Meinung der Chronologiekritiker bislang erfolglos – versucht, für verschiedene Orte und Uwe Topper Einführung in die moderne Chronologiekritik Regionen Funde in der fraglichen Zeit wirklich eindeutig zu belegen.
Immer wieder zeigte sich, daß der Phantomzeit zugeordnete Funde auch genauso in der Zeit kurz davor oder kurz danach datiert werden können und oftmals auch wurden. Das gewichtigste Argument gegen die „Phantomzeit“ ist daher heute vor allem die außereuropäische Chronologie insbesondere des Islams, welche auch nach Einschätzung der Chronologiekritik-Befürworter „bislang noch nicht abschließend geklärt“ wurde, und „die mit Europa synchronisierten außer-europäischen Kulturen …. erst partiell berücksichtigt (wurden).“ 9
1) Kammeier, Wilhelm: Die Fälschung der deutschen Geschichte. Leipzig 1935 2) Illig, Heribert: Die christliche Zeitrechnung ist zu lang, in: ZS 1 / 1991 derselbe: Das erfundene Mittelalter, Düsseldorf 1996 3) Heinsohn, Gunnar: Die Sumerer gab es nicht. Von den Phantom-Imperien der Lehrbücher zur wirklichen Epochenabfolge in der „Zivilisationswiege“ Südmesopotamien. Frankfurt a. M. 1988 4) Topper, Uwe: Kalendersprung. Tübingen 2006 5) www.chronologiekritk.net 6) Zillmer, Hans-Joachim: Die Evolutionslüge. Die Neandertaler und andere Fälschungen der Menschheitsgeschichte. München 2006 7) Fritzsche in: Die Phantomzeitthese, www.fantomzeit.de 8 / 9) ebenda