„Weltenseele“: Die Sprache der Erde verstehen

Ein chinesisches Sprichwort aus dem 2. Jh. v. Chr. sagt: „Könnten Berge und Meere sprechen, wären die Geomanten viel magerer.“

Der Wunsch, in innigen Kontakt mit der Natur zu treten, mit ihr zu sprechen, zu kommunizieren, ist sicherlich so alt wie die Menschheit selbst und dauert bis heute an. Dies wird in zahlreichen Märchen, in denen der Mensch durch einen magischen Akt die Sprache der Tiere und Pflanzen erlernt ebenso offenbar wie z.B. in Hugh Loftings “Doktor Doolittle”. Das indianische Volk der Mapuche lebt im Süden Chiles und Argentiniens.

Der Name setzt sich aus „Mapu“ (Erde) und „Che“ (Mensch) zusammen. Die „Menschen der Erde“ sprechen „Mapudungun“ (die Sprache der Erde).

Die Sprache der Natur, die Sprache der Erde, zu sprechen, kann nur metaphorisch gemeint sein. Jedenfalls so lange man seinem Gegenüber – der Erde – keine Wesenhaftigkeit zugesteht.

Solange die Erde kein eigenes Wesen, keine Seele besitzt, ist Kommunikation sinnlos. Und im Absprechen einer Seele ist unsere Kultur gut geschult: Den Heiden, den Frauen, den Tieren, …

Erst ein Anerkennen von Bewusstheit und Wesenhaftigkeit im Gegenüber erzeugt überhaupt ein Bedürfnis nach Kommunikation. Vielleicht ist dies der magische Akt aus den Märchen: Der Wunsch in Austausch zu treten und dem Gegenüber damit Respekt zu bezeugen.

„Könnten Berge und Meere sprechen….“ Berge und Meere können sprechen, nur haben die meisten Menschen verlernt zuzuhören.

Die Wesenhaftigkeit der Erde

Göttinnenfigurinen wie die dreißigtausend Jahre alte “Venus von Willendorf”, die rund vierzigtausend Jahre alte Göttinnenfigurine aus der Hohlefels-Höhle bei Tübingen, aber auch die maltesischen “Fat Ladies” künden davon, dass der Mensch der Erde einstmals diese Seelenhaftigkeit zugestand.

Die Magna Mater, die große Mutter, war nicht nur ein abstraktes Prinzip, sie war eine authentisch erfahrbare wesenhafte Kraft – eine Göttin.

Platon beschreibt in seinem Dialog Timaios die Weltenseele und in seinem späteren Werk Nomoi beschreibt er vertiefend die Weltenseele als die Ursache aller Bewegung in der Natur.

Selbst im frühen 17. Jahrhundert noch schrieb Johann Kepler: „Diese und unzählige andere Veränderungen und Phänomene, die in und auf der Erde vorgehen, sind so regelmäßig und abgemessen, dass man sie keiner blinden Ursache zuschreiben kann, und da die Planeten selbst nichts von Winkeln wissen, welche ihre Strahlen auf der Erde bilden, so muss die Erde eine Seele haben…“

Die Wesenhaftigkeit der Erde ist so niemals ganz im menschlichen Bewusstsein verloren gegangen. Der britische Biophysiker James Lovelock beschreibt so auch in den 1980er Jahren das “Gaia-Prinzip”, die Erde (zunächst noch ganz materialistisch) als großes Superlebewesen zu beschreiben.

Realität und Wirklichkeit

Gesteht man nun der Erde als Ganzes eine Wesenhaftigkeit, eine “Weltenseele” zu – und das ist wie beschrieben Voraussetzung einer funktionierenden Kommunikation – wie kann dann eine Kommunikation mit ihr stattfinden?

Ich verweise hierzu zunächst noch einmal auf den Kybernetiker Gregory Bateson. Kommunikation beinhaltet für ihn letztendlich alle Formen des Informationsaustausches. Das Bewusstsein des Menschen ist damit nicht durch die Haut begrenzt, sondern umfasst alle Kanäle der Informationsvermittlung.

Zum einen sind das sicherlich unsere 5 Sinne: Gerüche, Geräusche, die Farben und Bewegungen in den visuellen Reizen, die wahrgenommene Temperatur auf der Haut usw. Das Bewusstsein des Menschen und das der Natur sind für ihn gar nicht mehr getrennt. Und so folgert auch Bateson: “Etwas, das ich als >Geist< bezeichne, siedle ich nun dem großen biologischen System – dem Ökosystem – immanent an”.

Wir erkennen also, die “Sprache der Erde” ist mit Sicherheit keine mentale, lineare Sprache. Vielmehr ist es eine Sprache der Ganzheitlichkeit, die unser ganzes Wesen erfasst, ja erfassen muss. Diesem “magischen Wandlungsprozess” steht in der Regel unser Weltbild entgegen. Unsere Kultur erfasst Wirklichkeit, Realität als etwas Absolutes, etwas Unveränderliches, in dem ein Ich einem Objekt gegenüber steht.

Dieses Weltbild, Realität sei etwas Absolutes, vom Individuum Unabhängiges, entspricht der etymologischen Herleitung des Begriffes “Realität”. Es kommt aus dem mittellateinischen “realis”, was so viel wie “wesentlich” bedeutet und sich seinerseits von “res”, also “Sache, Wesen” herleitet.

Realität ist so etwas Wesentliches und vor allem Objektives, also Objekthaftes, Gegenständliches (von Objekt = Gegenstand). Also etwas, das von Subjekt unbeeinflusst ist. Aha! Da haben wir es also: Die Wirklichkeit dort draußen besteht unabhängig von meiner Wirklichkeit “hier drinnen”. Meine Gedanken, Wünsche, Vorstellungen sind subjektiv, die Realität ist objektiv.

Interessant ist aber, dass – obwohl ich die Begriffe “Wirklichkeit” und “Realität” scheinbar synonym verwendet habe – “Wirklichkeit” eine andere Wortbedeutung hat. Das Wort “Wirklichkeit” wurde erst im 13. Jahrhundert von Mystikern gebildet. Von Mystikern! Und es meint “Im Wirken, durch das Handeln geschehend”, also etwas, das erst durch Taten, durch Handlungen entsteht, etwas, das gebildet wird!

Andre Newberg, Professor für Psychiatrie an der Universität in Pennsylvania betont, dass Personen, die nach einer tiefen mystischen Erfahrung in die “normale” Welt zurückkehren, jene Wirklichkeit als wirklichere, wahrere, grundlegendere Form von Wirklichkeit erleben würden als unsere materielle Realität.

“Wir müssen”, so Newberg, “die Beziehung zwischen Bewusstsein und materieller Realität unbedingt genauer betrachten […] ob das Bewusstsein selbst die Grundlage des Universums sein könnte”.

Der Artikel enthält stellenweise Auszüge aus dem Buch “Grenzenlose Sinne” (Neue Erde Verlag) von Stefan Brönnle.

Quelle

3 Kommentare

  1. Wer in der Realität lebt, so wie wir hier alle, für den ist die Wirklichkeit fremd.

    Es ist sinnloses Gerede vom Standpunkt und der Position der Realität heraus die Wirklichkeit zu erklären. Ein Apfel kann auch nicht das Wesen der Kirschen erklären.
    Der Mensch ist nicht eingebunden in die Weltenseele, nur eine geringe Anzahl der Seelen von den Menschen sind eingebunden in die Weltenseele.

  2. Oh, da ist ja wieder das Wort „Ganzheitlichkeit“ für mich ist das ein Matrixwort,
    Der Mensch verspürt den Wunsch zur Ganzheitlichkeit, was es aber so nicht gibt, denn es gibt da den Körper und die Seele was zwei verschiedene Arten von Existenzen sind, denn Materie und Nicht-Matrerie bleiben immer zwei getrennte Wesenheiten.
    Diesen Wunsch zur Ganzheitlichkeit wird von der Matrix benutzt um den Menschen ein Ziel aufzuzeigen welches nicht erreicht werden kann. Es ist ein Hologramm.

  3. Der Mensch ist nicht eingebunden in die Weltenseele, einzig und allein die Seele ist eingebunden in die Weltenseele, das mit den Menschen selbst so rein gar nichts zu tun.

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