Die Werkzeuge wurden in eiszeitlichen Sedimenten in der englischen Grafschaft Kent entdeckt. Welchem Zweck die eigentlich unpraktischen Äxte dienten, ist fraglich.
Es gibt kaum eine Kultur, in der nicht an der einen oder anderen Stelle von Riesen die Rede ist – freundlich oder feindlich gesinnten Wesen, jedenfalls gewaltig und fast immer furchterregend. An diese Geschichten mag man denken, wenn man die Faustkeile vor Augen hat, die kürzlich in der englischen Grafschaft Kent ausgegraben wurden.
Die steinernen Artefakte wirken mit ihren Ausmaßen für menschliche Hände unpraktisch. Wer sie für welche Zwecke geschaffen hat, stellt die Archäologinnen und Archäologen vor ein Rätsel.
Eiszeitliche Sedimente
Die Entdeckung ist einer Notgrabung zu verdanken, die auf dem Baugelände der künftigen Maritime Academy School in Frindsbury stattfand. Die prähistorischen Artefakte lagen tief in Sedimenten aus der Eiszeit an der Hügelflanke oberhalb eines Tals namens Medway Valley, wie die Wissenschafter im Fachjournal „Internet Archaeology“ berichten.
Insgesamt barg das Team um Matt Pope vom University College London Archaeology South-East an der Ausgrabungsstelle 800 Steinartefakte, viele darunter von beträchtlicher Größe.
Die mit Abstand auffälligsten darunter waren jedoch zwei extrem große und schwere Feuersteinwerkzeuge, die von den Forschenden vorläufig als „riesige Handäxte“ bezeichnet werden. Nicht nur ihre Ausmaße von 22 und 29,5 Zentimetern Länge erstaunten das Team, auch ihre Alter ist verblüffend: Anhand ihrer Fundschicht in Sedimenten, die eine Senke und einen alten Flusskanal füllten, datierten die Fachleute die Objekte auf ein Alter von über 300.000 Jahren.
Zu groß, um praktisch zu sein
Handäxte sind steinzeitliche Werkzeuge, die auf zwei Seiten in einer Weise abgeschlagen wurden, dass man schließlich eine symmetrische Form mit einer langen scharfen Schneide erhält. Bisherige Funde lassen darauf schließen, dass diese Art von Werkzeug in der Regel in der Hand gehalten wurde und möglicherweise zum Schlachten von Tieren und Schneiden von Fleisch dienten.
Auch die nun in Kent gefundenen Steinbeile besitzen diese charakteristische Form, eine lange, fein gearbeitete Klinge und eine deutlich breitere Basis.
Die Archäologin Letty Ingrey hält die größere der beiden Riesenhandäxte. Möglicherweise hatten diese Werkzeuge nur eine symbolische Funktion.
Frühmenschen im Medway Valley
Aufgrund der Datierung und anderer Fundumstände gehen die Forschenden jedoch davon aus, dass die Äxte aus einer Zeit stammten, als die Neandertaler bereits Großbritannien erreicht hatten und sich den Lebensraum vielleicht sogar mit anderen frühen Menschenarten wie Homo heidelbergensis teilten.
Das Medway Valley war während dieser Ära eine waldreiche Gegend, in der Rotwild, Pferde, Löwen und sogar eine heute ausgestorbene Elefantenart mit geraden Stoßzähnen lebten.
„Die Ausgrabungen auf dem Baugrund der Maritime Academy haben uns die wertvolle Gelegenheit gegeben, zu untersuchen, wie sich eine eiszeitliche Landschaft vor über einer Viertelmillion Jahren entwickelt hat“, sagte Pope.
Der Forscher und sein Team hoffen, dass die Untersuchungen der Funde dabei helfen zu verstehen, warum diese Stätte für die damaligen Menschen offenbar so wichtig war und wie riesige Handäxte hier ins Bild passen könnten.
Fazit
Die Archäologen sind schon lustig – immer wenn man ein Objekt nicht erklären kann, diente es kultischen oder symbolischen Zwecken…
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