Nanoton: Norwegische Erfindung verwandelt Wüsten in Gärten (Video)

Das Start-up Desert Control stellt extrem kleine Ton-Partikel her. Wenn sie mit Wasser auf Sandboden aufgesprüht werden, verwandeln sie die Wüste innerhalb weniger Stunden in Ackerland.

Der Bau des Assuanstaudamms in den 1960er-Jahren war eine ingeniöse Großtat, die Ägypten in die Moderne katapultieren sollte.

Die Planer wussten auch, dass die Landwirtschaft Ägyptens von den Fluten des Nils abhängig war. Der Staudamm simulierte sie durch die kontrollierte Abgabe von Wasser. Und dennoch brachen nach etwa zehn Jahren die Ernten ein. Die Ingenieure hatten eines nicht bedacht. Die Fluten führten nicht nur Wasser, sondern auch einen fruchtbaren Schlamm mit sich. Der wurde nun vom Staudamm zurückgehalten, nach zehn Jahren waren die Felder erschöpft.

Dieser Fehler führte zu einer wichtigen Entdeckung, die nun helfen soll, Wüsten und trockene Gebiete in blühende Gärten zu verwandeln. Der Nil führte nicht nur Nährstoffe und Mineralien mit sich, sondern große Mengen feingeriebener Partikel aus Ton.

Sie waren das eigentliche Geheimnis des fruchtbaren Niltals. Die norwegische Firma Desert Control hat nach diesem Muster einen Nanoton entwickelt, der Wüsten in Gärten verwandeln soll.

Ton wertet den Boden auf

Ole Sivertsen, Geschäftsführer von Desert Control, sagte der „BBC“. „Magere Böden haben Mühe, Feuchtigkeit zu speichern oder Pflanzen gedeihen zu lassen. Das Vorhandensein von Lehm im richtigen Verhältnis kann das dramatisch ändern.“

Lehm wird seit Jahrtausenden zur Verbesserung von Böden eingesetzt, doch wenn er durch Graben untergemischt wird, wird auch das unterirdische Ökosystem der symbiotischen Beziehung zwischen Pflanzen und Pilzen beschädigt. In trockenen Gebieten dauert es sehr lange, bis sich dieses System von so einem Eingriff erholt hat.

In den 2000er-Jahren erfand der norwegische Wissenschaftler Kristian Olesen eine Technologie, die Lehm in eine Flüssigkeit fast so dünn wie Wasser verwandelt. Sie wird von Desert Control genutzt. Wenn dieser Nanoton auf Sand gesprüht wird, lässt ihn diese fließende Konsistenz „herunterrieseln und versickern“. Einfach ist das allerdings nicht, die Mixtur muss genau auf den Boden abgestimmt werden.

„Es ist leider nicht so, dass eine Mischung für alle Böden passt“, so Sivertsen. „Zehn Jahre von Versuchen in China, Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Pakistan haben uns gelehrt, dass jeder Boden getestet werden muss, damit wir die richtige Nanotonrezeptur anmischen können.“

Wichtig ist es, dass die winzigen Ton-Partikel in den Boden sickern können, aber sie dürfen nicht gleich wieder abfließen. Sie müssen exakt die fruchtbare Schicht von 10-20 Zentimetern unter der Oberfläche anreichern. Glücklicherweise hilft dabei die Bodenchemie.

„Lehmpartikel haben aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung eine negative Ladung, während Sandkörner positiv geladen sind“, sagt Sivertsen. „Diese natürliche Polarität bedeutet, dass sie sich binden, wenn sie sich treffen.“

Vergrößerung der Oberfläche

Die Ladung führt dazu, dass sich eine Tonschicht um die Sandpartikel legt. Unter dem Mikroskop sieht das Gebilde wie eine Schneeflocke aus. Die Oberfläche um das Sandkorns vergrößert sich und Wasser und Nährstoffe bleiben leichter haften. „Sie können (flüssigen Nanoton) mit jeder bekannten Bewässerungstechnik auftragen“, so Sivertsen. „Man könnte sogar einen Gartensprinkler verwenden.“

Einer der großen Vorteile der Methode ist die Geschwindigkeit. Nur sieben Stunden nachdem der Nanoton mit einem Gemisch aus Wasser und Bodenpartikeln aufgesprüht wurde, kann gepflanzt werden. Grundsätzlich muss die Kultur weiter bewässert werden, doch der Einsatz des Wassers ist wesentlich effizienter.

In Dubai wurde im März 2020 der wissenschaftlich überwachte Feldversuch durchgeführt. Nur 40 Tage vergingen vom Aufbringen des Nanoton-Gebräus auf unfruchtbarem Sandboden bis zur Ernte eines Feldes mit reifen Wassermelonen. Für die Emirate, die 90 Prozent aller Lebensmittel importieren, war das ein bedeutender Meilenstein.

Kosten müssen gesenkt werden

Desert Control will die Herstellungsanlagen für den Bodenverbesserer so klein bauen, dass sie in einen Schiffscontainer passen. Diese mobilen Einheiten sollen flüssigen Nanoton dort herstellen, wo er benötigt wird, und dabei Ton aus demselben Land verwenden. Die erste dieser Mini-Fabriken wird in den Vereinigten Arabischen Emiraten eingesetzt. Sie soll 40.000 Liter flüssiges Substrat pro Stunde produzieren.

Damit sollen die Grünflächen in Dubai behandelt werden. Die Behandlung hält etwa fünf Jahre lang an, dann muss sie wiederholt werden. Einziges Problem sind die Kosten. Derzeit liegen sie bei etwa 1,50 Euro pro Quadratmeter. Unbezahlbar für afrikanische Bauern. Desert Control hofft, sie auf 20 Cent senken zu können.

„Wenn sie in der Lage sind, den Preis zu senken und ihn für die einkommensschwächsten Länder erschwinglich zu machen, könnte dies wirklich enorme Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit und die Fähigkeit vieler dieser Länder haben, ihre eigenen Feldfrüchte zu verwenden“, urteilte Ismahane Elouafi, Generaldirektor des International Center for Biosaline Agriculture (ICBA) in Dubai.

Video:

https://www.youtube.com/watch?v=AyN40s9BkWo

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