Immer mehr Betroffene klagen über Brummtöne – das steckt dahinter

Es brummt. Tiefe Töne strapazieren die Nerven jener Steirerinnen und Steirer, die sie hören können. Diese Infraschalltöne lösen bei den Betroffenen Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen bis hin zu Muskelzucken aus. Wir erklären, was dahinterstecken kann und wie sich ein Brummton anhört.

Nicht sichtbar, nicht greifbar und doch hörbar: Brummtöne. Jene, die sie hören, klagen etwa über Schlafstörungen, Herzrasen oder Kopfschmerzen. Dabei handelt es sich um tiefe Töne, sogenannte Infraschalltöne, die nur ein geringer Prozentteil der Bevölkerung wahrnimmt. Falls Sie sich fragen: Beim Intro war tatsächlich nur die tonlose Visualisierung einer Schallwelle zu sehen.

Im Sommer 2022 gab es erste Meldungen von Brummtönen im Raum Deutschlandsberg. Seither werden immer mehr Stimmen von Betroffenen laut. Nicht nur in der Weststeiermark. Laut Marc Ortner, Grünen- und Bürgerlisten-Stadtrat, meldeten sich bei ihm auch Betroffene aus Oberwart (Burgenland), Judenburg, Ennstal, Weiz, Leibnitz. Des Weiteren erreichten die Redaktion zahlreiche Anrufe von Betroffenen aus den oben genannten Regionen sowie aus Graz bis hin zu Bruck an der Leitha und Krems an der Donau (Niederösterreich).

Das Problem ist nicht neu. Der Spiegel berichtete bereits 2001 darüber, die Süddeutsche Zeitung 2015 und 2020 griff der Standard das Brummen auf. Auf Facebook gibt es bereits mehrere Gruppierungen, die sich zu dem Thema austauschen. In Deutschlandsberg fand am 21. Januar 2023 ein erstes Vernetzungstreffen für Brummton-Betroffene statt.

„Ich habe auch ein Recht auf Ruhe. Seit einem Jahr geht es zwischen 24 Uhr und 5 Uhr los. Ich kann nicht mehr“, heißt es etwa von einem Betroffenen aus Krems an der Donau. Ein Grazer hört das Brummen in seiner Wohnung und war deswegen bereits beim Arzt. „Ich dachte, es liegt an mir.

Dem ist aber nicht so. 24 Stunden am Tag ist es ein Geräusch, wie eine Waschmaschine, die schleudert“, sagt der Mann. Von einer stark beschränkten Wohn- und Lebensqualität spricht ein Judenburger.

BRUMMTON BESTÄTIGT

Die schwierige Suche nach der Quelle des Brummens

Die Weststeirerin Manuela Karoline Lenz ist eine der Brummton-Betroffenen. „Es ist bedrückend. Die Ohren fangen an zu singen, es ist ein extremer Druck am Kopf, als hätte man eine Klammer auf dem Kopf. Ich wache oft schweißgebadet auf“, beschreibt sie ihre Wahrnehmungen. Wellenartig kommen die Töne. Lenz kämpft mit Herzrhythmusstörungen, Muskelzucken, Druck am Kopf und Schlafstörungen.

Messungen bestätigten die Brummtöne bei Lenz. Sie konfrontierte das Land, Firmen und Stadtgemeinde Deutschlandsberg damit. Man nehme sich dem Problem teilweise zwar an, große Veränderungen seien bis dato allerdings ausgeblieben.

„Es gibt anscheinend immer mehr empfindliche Leute, die solche Töne hören. Diese sind allerdings schwierig zu messen und noch schwieriger ist es, ihre Quelle zu finden.“
Ute Pöllinger, Umweltanwältin

Umweltanwältin Ute Pöllinger bezeichnet die Herausforderung als unwahrscheinlich schwierig. „Es gibt anscheinend immer mehr empfindliche Leute, die solche Töne hören. Diese sind allerdings schwierig zu messen und noch schwieriger ist es, ihre Quelle zu finden“, sagt sie.

 

In einem Fall im Ennstal sei ihrer Meinung nach der Verdacht, dass der Brummton von den Stromspannungsleitungen komme, nicht von der Hand zu weisen. Fix sei in der Causa allerdings nichts.

Positiv gingen Vorfälle etwa in Weiz aus. Bürgermeister Erwin Eggenreich berichtete im Oktober 2022 von großer Kooperationsbereitschaft, etwa in Preding. Die Unternehmen Magna und Andritz haben dort reagiert und Veränderungen vorgenommen.

WAS STECKT DAHINTER?

Experte: „Wenn man einen Brummton hat, kann die Quelle bis zu fünf Kilometer entfernt sein“

Harald Emil Graf-Müller, Sie sind Physiker und selbstständiger Akustiker. Wann sind Sie das erste Mal mit Brummtönen in Berührung gekommen?

HARALD EMIL GRAF-MÜLLER: Ich habe während meiner Diplomarbeit angefangen, einen Steyr-Traktor akustisch zu optimieren. Da bin ich das erste Mal mit tiefen Tönen in Kontakt gekommen. Früher hatten diese Traktoren eine hohe Lautstärke im Innenbereich und die Töne waren tieftonig. Da habe ich ein Konzept für Steyr entwickelt, wo diese tiefen Töne nicht aufgetreten sind.

Seit wann wenden sich Brummton-Betroffene an Sie?

Vor 15 Jahren haben die ersten Leute bei mir angerufen und gesagt „Ich halte es nicht mehr aus in meinem Haus. Ich bin komplett fertig, ich habe seit einem halben Jahr nicht mehr geschlafen.“ Am Anfang war das herausfordernd. Wir geben unser bestes, aber wir finden die Quelle nicht mit 100-prozentiger Sicherheit. Mittlerweile melden sich bei mir am Tag ein bis zwei Leute zu diesem Thema.

Was kann man tun?

Meiner Ansicht nach, und die beruht nur auf Erfahrungen, weil es dazu eigentlich keine Literatur gibt, besteht nur die Möglichkeit, die Ursache zu finden. Das ist allerdings oft schwierig, weil sich tiefe Töne sehr weit ausbreiten.

Das heißt?

Wenn man zum Beispiel am Meer ist und in der Ferne das Schiffshorn eines Dampfers blasen hört, dann hört man den tiefen Ton deshalb, weil sich tiefe Töne ultraweit ausbreiten können. Wenn man einen Brummton hat, kann die Quelle bis zu fünf Kilometer entfernt sein. Das ist viel, weil innerhalb von fünf Kilometern kann es viele Schallquellen geben. Wenn die Frequenz mit dem Haus oder den Wänden in der Wohnung korreliert, beginnt es zu schwingen. Das ist ähnlich, wie bei einer Gitarre. Wenn neben Ihnen eine Gitarre steht und Sie klatschen in die Hände, fangen die Seiten – ohne dass Sie sie berührt haben – an mitzuschwingen.

Wie misst man Brummtöne?

Ich habe ein spezielles Messgerät mit einem Mikrofron. Damit man dann gewisse Töne detailliert untersuchen kann, wird die Messung in einem Spektrogramm aufgeschlüsselt.

Was sind typische mögliche Brummton-Quellen?

Wärmepumpen, alte Drehstromzähler, Firmen wie Trocknungsanlagen, Heizkraftwerke, Ventilatoren in Schweine- oder Hühnerställen, Lüftungsanlagen auf einem Kaufhaus, Windkraftwerke, die Kühlanlagen auf Mobilfunkmasten. Was wir zum Beispiel als Quelle sofort finden, ist in einem Mehrparteienhaus das Aquarium des Nachbarn. Wir hatten auch schon einmal eine Chinchilla-Zucht, die natürlich auch Ventilatoren braucht.

Wie kann es trotz Einhaltung der Grenzwerte zu solchen Belastungen kommen?

Wenn ich eine Grenzwertbetrachtung in Österreich mache und der Grenzwert nicht überschritten ist, gibt es – einfach gesagt – eine Freigabe. Die Gesamtbewertung zielt aber auf die mittleren Frequenzen ab, weil das menschliche Ohr mittlere Frequenzen besser hört. Das heißt, es könnte trotzdem ein tiefer Ton dabei sein, der vielleicht sogar über der menschlichen Hörschwelle liegt. Je tiefer der Ton ist, desto höher ist die menschliche Hörschwelle. Bei Menschen, die Brummtöne hören, liegt die Hörschwelle tiefer als bei anderen.

Wie kann das sein?

Das Problem ist, dass die Grenzwertbetrachtung aus einer Zeit kommt, in der die meisten Messgeräte für diese Frequenzen nicht ausgelegt waren.

Glauben Sie, dass Brummtöne in Zukunft zunehmen werden?

Ja.

Erfahren Sie mehr im Buch „Der Musik-Code“: Die „Todesposaune“ und das Brummtonphänomen

5 Kommentare

  1. Das sind bestimmt die 12 stelligen Mac Adressen innerhalb des Bluetooth vom jeweiligen Träger seiner Nummer, die nun endlich mit einer App gekoppelt werden will, damit die Verbindung steht und dieser endlich sein digitales Dasein fristen darf.

  2. Bässe werden über sehr weite Entfernungen übertragen, scheinbar auch durch das Erdreich, und so ist es möglich, dass der Schall an einigen Stellen zu hören ist, an anderen nicht. Mögliche Quellen wären zum Beispiel Pumpen von Wasserspeichern, Generatoren von Kraftwerken, ein Windkanal oder ähnliches, eventuell mit Lagerschaden. Ein Protokoll mit möglichst genauen Zeitangaben kann zur Klärung hilfreich sein, so kann man mögliche Quellen suchen und die Laufzeiten abgleichen. Einige Maschinen laufen z.B. nachts, weil da der Strom billiger ist.

  3. In der Lärm-Verordnung der TA-Lärm gibt es keine Beschränkungen im Infraschallbereich, darum wird der Lärm von Motoren und von Großlüftern in den Infraschallbereich gebracht.
    Im Infraschallbereich können Motoren, Pumpen, Lüftungsanlagen mit 120 dB(A) und höher, ohne jede Beschränkung betrieben werden.
    Infraschall kommt in der Lärmschutzverordnung nicht vor.
    Infraschall kann so gut wie nicht gedämmt werden.
    Die Lautstärke von Infraschall bleibt über viele km erhalten, darum ist Infraschall so schwer zu lokalisieren.
    Eine einzelne Quelle könnte gefunden werden, denn man braucht nur in einer Richtung suchen.
    Wenn verschiedene Quellen vorhanden sind ist es fast nicht möglich etwas zu lokalisieren.
    Denn die gewohnte normale Zunahme der Lautstärke gibt es bei der Annäherung an eine Infraschall Quelle nicht, denn die Lautstärke ist in Kilometer Entfernung fast genau so hoch wie am Ausgangsort.
    Es ist so wie Eckhard geschrieben hat,

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein