Ein besonderes Himmelsspektakel am Montagabend verzückt nicht nur Experten – jetzt beginnt die Suche nach dem außerirdischen Gestein.
Bernhard Buchner steht am Montagabend auf der Plattform der Volkssternwarte. Der Leiter des Observatoriums erklärt Besuchern gerade den Münchner Nachthimmel, da wird es plötzlich hell.
Sehr hell, leuchtend grün. Und alle rufen: „Wow!“ Am Tag danach sagt Buchner, immer noch fasziniert: „Das war außergewöhnlich.“
Erstaunte Bürger rufen die Polizei: Feuerkugel rast über bayerischen Nachthimmel
Was ist passiert? Eine Feuerkugel rauscht um 22.45 Uhr von Südosten nach Nordwesten. Im nördlichen Oberbayern rufen erstaunte Bürger bei der Polizei an, die Streifen funken eifrig, fragen bei der Flugsicherung nach.
Im Internet berichten hunderte von einem „grünen Ball mit Schweif“ oder einer Kugel, „drei Mal so groß wie der Mond“. Die Experten sind sich schnell einig: „Das war eine überdimensionale Sternschnuppe“, sagt Buchner. Er geht wie andere Wissenschaftler von einer Größe von bis zu einem Meter aus, weshalb man von einem „Boliden“ spricht. Sternschnuppen sind „sandkornklein bis kieselsteingroß“.
Ein solches Himmelsereignis ist eine Besonderheit. Etwa 20 000 Meteorite mit einer Masse von mehr als 100 Gramm fallen pro Jahr auf die Erde.
Auf die Fläche Bayerns umgerechnet entspricht dies jährlich drei Stück, sagt ein Sprecher des Landesamts für Umwelt. „Somit können Meteoritenfälle auch nur selten beobachtet werden.“
400 Sichtungen – aus ganz Europa: Himmelskörper explodierte wohl über Nürnberg
Beim Europäischen Weltraumforschungsinstitut Esrin heißt es, dass etwa 400 Sichtungen gemeldet wurden –aus ganz Europa, aber vor allem aus Deutschland und Tschechien. Beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR gingen zusätzlich 362 Meldungen ein.
Eine der am meisten verbreiteten Aufnahmen stammt aus Pilsen gleich hinter der Grenze. Im Raum Nürnberg hörten Zeugen auch zwei Explosionsgeräusche: „Das klingt wie Donner“, sagt Richard Moissl, Physiker beim Esrin.
Daher geht er davon aus, dass der Himmelskörper etwa über Nürnberg explodiert ist. Die Energie, die er auf seinem Flug vor sich hergeschoben hat, entzündet sich in diesem Moment – und leuchtet hell auf.
„Das ist der sogenannte Airburst“, sagt Moissl. Die grüne Farbe kommt wahrscheinlich von dem Eisen in dem Gestein. Danach, so erklärt es Buchner von der Volkssternwarte, beginnt der Dunkelflug. Dann verteilen sich die Gesteinsbrocken auf der Erde.
Exakte Daten zur Bahn des Himmelskörpers, seiner Größe und dem Material gibt es noch nicht. Buchner geht davon aus, dass der Bolide etwa 80 Kilometer entfernt war, als er anfing zu leuchten. Und wie schnell war er?
Wissenschaftlerin Enrica Bonato vom DLR sagt: „Die übliche Eintrittsgeschwindigkeit in die Atmosphäre liegt schätzungsweise zwischen 11 km/s und 72 km/s.“ Das sind unglaubliche 39 600 km/h bis 259 200 km/h – oder 32 bis 210 Mal die Schallgeschwindigkeit.
Nun beginnt die Suche nach dem Meteoriten – Hinweis an Finder
Meteoriten-Experten in ganz Europa werten nun die verschiedenen Aufnahmen aus. Daraus ergeben sich dann – mal genaue, mal weniger genaue – Anhaltspunkte für einen möglichen Auffindeort der außerirdischen Gesteinsbrocken. DLR-Expertin Enrica Bonato sagt: „Es wäre fantastisch, wenn wir Fragmente auf dem Boden finden könnten.“
Das hängt aber auch von der Beschaffenheit und der Eintrittsgeschwindigkeit ab – das Material muss die intensive Reibung in der Atmosphäre beim Eintritt überleben.
Dennoch: „Die Meteoritensuch-Gemeinde wird sich auf den Weg machen“, sagt Physiker Moissl. In der Regel teilen sich die Teams das laut Berechnungen vielversprechende Gelände in Suchraster auf.
DLR-Expertin Enrica Bonato sagt: „Sollten Sie ein schweres Gestein mit einer eher dunklen Oberfläche finden, das vielleicht an einigen Stellen glatt und/oder glasig ist, verwenden Sie bitte keine Magnete, sondern sammeln Sie es in einer Plastiktüte und melden Sie sich bei uns unter meteorite@dlr.de!“
Gefährlich ist ein Meteorit dieser Größenordnung übrigens nicht. „Erst ab einer Größe von zehn Metern wird eine Schadwirkung am Boden erwartet“, sagt Moissl. Ab 20 Meter gehe man von einer Gefahrenlage aus. Solche Himmelskörper werden aber entdeckt, bevor sie in die Erdatmosphäre eintreten. Der aktuelle Bolide war dafür zu klein:
„So genau wird der Himmel nicht beobachtet“, sagt Moissl. Deshalb war der Meteorit vom Montag einfach eine selten schöne Überraschung.
https://www.youtube.com/watch?v=Pc6RR701bMw&t=1s
Während auf dem Mond sämtliche Krater durch senkrechten Aufschlag entstanden sein sollen, sind die beobachteten Bahnen von größeren Meteoriten in der Erdatmosphäre niemals senkrecht, eher fast horizontal.
Und Eisen leuchtet grün?
Ja tut es