Strom aus der Luft: Forscher haben einen Generator entwickelt, der Strom aus der Luftfeuchtigkeit gewinnen kann. Möglich wird dies durch einen Dünnfilm aus Polyoxometallat-Molekülen, deren Mikroporen den Wasserdampf einfangen.
Das aufgenommene Wasser verursacht einen Gradienten gelöster Ionen, die ihrerseits ein elektrisches Potential erzeugen. Bei 50 Prozent relativer Luftfeuchte produzierte der kleine Prototyp immerhin 0,68 Volt und eine Stromdichte von knapp 20 Mikroampere pro Quadratzentimeter.
Auf der Suche nach neuen Methoden der Stromgewinnung erforschen Wissenschaftler auch bisher wenig genutzte physikalische und elektrochemische Methoden. In triboelektrischen Generatoren erzeugen beispielsweise Reibung, Druck oder Verschieben zweier Schichten Ladungsveränderungen, die sich als Elektrizität abgreifen lassen.
Aber auch aus Wärmegradienten oder dem Ionenfluss in Alltagsmaterialien wie Zement lässt sich Strom erzeugen.
Luftfeuchtigkeit als Energielieferant
Jetzt kommt eine weitere Variante dazu: Ein Stromgenerator, der von der Luftfeuchte angetrieben wird. „Die Luftfeuchtigkeit ist eine überall präsente und stabile Energiequelle, die großes Potenzial für Anwendungen hat“, erklären Tuo Ji von der Northeast Normal University in China und seine Kollegen.
Denn der Wasserdampf kann Ladungen und geladene Teilchen transportieren und dadurch auch elektrische Felder generieren – wie die teils enormen Spannungen in einer Gewitterwolke demonstrieren.
Um die Energie nutzbar zu machen, haben Ji und sein Team einen Generator entwickelt, der den Wasserdampf aus der Luft einfängt und gleichzeitig geeignete Ladungsträger zur Verfügung stellt. „Die absorbierten Wassermoleküle werden als Medium genutzt, um diese Ionen zu bewegen und dadurch Strom zu erzeugen“, erklären die Forscher.
POM-Gittermoleküle als Wasserfänger
Die Forscher synthetisierten ihren Generator aus Polyoxometallaten (POM) – großen anorganischen Molekülen aus Metallen und viel Sauerstoff. Diese können selbstorganisiert poröse, netzähnliche Gitter bilden.
Noch wichtiger jedoch: „POM können zu Polyoxoanionen und Kationen ionisiert werden, die in Wasser unterschiedlich gut wandern können“, erklären Ji und sein Team. Polyoxoanionen sind große, negativ geladene Ionen, die aus jeweils mehreren Metallatomen bestehen.
Im konkreten Fall verwendeten Ji und sein Team ein Polyoxometallat aus Phosphat, Wolfram und Kupfer, um Nanodrähte mit besonders vielen Mikroporen zu erzeugen. Die Polyoxometallat-Nanodrähte werden als Dünnfilm auf einer Unterlage auf fluordotiertem Zinnoxid-Glas (FTO) abgeschieden.
Diese Glasunterlage dient auch als Elektrode des Generators. Die zweite Elektrode besteht aus Kupfer und ist auf der Oberseite des Polyoxometallat- Dünnfilms angebracht.
Wasser bringt Ionen in Bewegung
Wenn nun dieses Ensemble der Luftfeuchtigkeit ausgesetzt wird, fangen die Mikroporen des Dünnfilms Wassermoleküle ein. Dabei sammeln sich in den oberen Schichten mehr Wassermoleküle als in den tieferliegenden.
„Dieser H2O-Verteilungsgradient verursacht nun einen Ionen-Gradienten im POM, durch den positiv geladene Kationen in Bewegung geraten“, so die Forscher. Diese Ionenbewegung wiederum erzeugt ein elektrisches Potential, durch das Strom gewonnen werden kann.
Für erste Tests konstruierten Ji und sein Team zunächst einen kleinen Prototyp von nur gut sieben Mikrometer Dicke und einer Fläche von 0,36 Quadratzentimetern. Diesen setzten sie bei Raumtemperatur relativen Luftfeuchtigkeiten zwischen zehn und 90 Prozent aus und maßen Stromstärke und Spannung.
Strom für Niedrigenergie-Anwendungen
Das Ergebnis: Bei rund 50 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit erzeugte das kleine Dünnfilm-Stückchen eine Spannung von 0,68 Volt und erreichte eine Stromdichte von 19,5 Mikroampere pro Quadratzentimeter.
„Anders als sonst oft beobachtet, erfolgt die Entladung durch die Kationenbewegung dabei nicht schnell, sondern ist längere Zeit stabil – der elektrische Output wird durch andere Prozesse im System stabilisiert“, erklären die Wissenschaftler. Das Prinzip funktionierte zudem bei allen getesteten Luftfeuchtigkeiten.
Damit könnten solche POM-Generatoren die Möglichkeit eröffnen, Strom aus der Luftfeuchtigkeit zu gewinnen. Zwar sind die Energiemengen nicht sonderlich groß, sie könnten sich nach Ansicht der Forscher aber für Anwendungen mit geringem Strombedarf eignen.
„Dies ist der erste auf Feuchtigkeit basierende Stromgenerator, der aus Polyoxymetallaten besteht – dies könnte neue Ansätze für die Nutzung dieser Materialien in Niedrigenergie-Anwendungen bieten“, schreibt das Team.