Spektakulärer Fund: Im Regenwald Mexikos haben Archäologen die Überreste einer gut 16 Quadratkilometer großen Mayastadt entdeckt – einer der größten bisher bekannten.
Die im dichten Dschungel verborgenen Ruinen umfassen monumentale Tempelpyramiden, mehrere große Plazas, einen Ballspielplatz sowie Reste eines Bewässerungssystems und viele weitere Bauten. Enthüllt wurde die „Valeriana“ getaufte Mayastadt erst durch die Neuanalyse von LIDAR-Daten aus dem mexikanischen Campeche.
Mehr als 2.000 Jahre lang herrschten die Maya über weite Teile Mittelamerikas. Sie errichteten gewaltige Tempel und Monumentalbauten, nutzten komplexe astronomische Berechnungen und Kalender und konstruierten durchdachte Systeme zur Wasserversorgung ihrer Städte.
Trotz eindrucksvoller Ruinenstädte wie Chichen Itza, Tikal, Calakmul oder Palenque sind aber längst nicht alle Zeugnisse dieser geheimnisvollen Kultur entdeckt.
LIDAR enthüllt 6.500 Ruinen – und eine Mayastadt
Jetzt hat ein Team um Luke Auld-Thomas von der Tulane University in New Orleans eine weitere Mayastadt aufgespürt. Anstoß zu ihrer Studie gaben LIDAR-Daten eines rund 122 Quadratkilometer großen Gebiets im mexikanischen Campeche, die eine mexikanische Umweltorganisation ursprünglich zur Ermittlung des Regenwaldzustands erstellt hatte.
Doch Auld-Thomas und sein Team nutzte diese Laserscanning-Rohdaten, um mithilfe eines von ihnen entwickelten Analyseprogramms nach archäologischen Spuren im Dschungel zu suchen.
Mit spektakulärem Erfolg: Insgesamt entdeckten die Archäologen mehr als 6.500 präkolumbische Relikte in dem untersuchten Regenwaldstück – und die Ruinen einer riesigen Mayastadt.
„Diese Stadt mitsamt Pyramiden liegt direkt neben der einzigen Fernstraße dieser Gegend und ganz in der Nähe einer modernen Stadt“, berichtet Auld-Thomas. „Obwohl die Menschen dort seit Jahren zwischen den Ruinen Landwirtschaft betreiben, wusste niemand in der Regierung oder der Wissenschaft etwas davon.“
Stadtlandschaft mit bis zu 50.000 Bewohnern
Die neu entdeckte Mayastadt erstreckt sich über 16,6 Quadratkilometer und könnte nach Schätzungen der Archäologen einst von 30.000 bis 50.000 Menschen bewohnt worden sein. „Unsere erste Reaktion war: Wow, dort draußen sind so viele Gebäude, von denen wir nichts wussten. Die Bevölkerung dort muss enorm gewesen sein“, sagt Auld-Thomas.
Die Überreste der Bebauung und landwirtschaftliche Flächen in Form von ummauerten Feldterrassen füllen das gesamte Gebiet nahezu lückenlos aus, wie die LIDAR-Analysen zeigten.
Nach Schätzungen der Archäologen ist die „Valeriana“ getaufte Mayastadt damit eine der größten und am dichtesten besiedelten in ganz Mittelamerika. Nur das rund 100 Kilometer entfernte Calakmul war noch größer.
Der Fund dieser dicht besiedelten Region lege zudem nahe, dass urbane Siedlungen bei den Maya eher die Regel als eine Ausnahme waren. „Dieser Datensatz stützt die Annahme einer einst bevölkerungsreichen und urbanen Maya-Landschaft“, so das Team.“Städte und dicht bevölkerte Siedlungen waren im Maya-Tiefland nahezu allgegenwärtig.“
Tempelpyramiden, Plazas und Co.
Nähere Analysen enthüllten, dass Valeriana in zwei rund zwei Kilometer voneinander entfernt liegende Zentren gegliedert war. In diesen gruppieren sich zahlreiche Monumentalbauten um große, gepflasterte Plätze.
„Das größere der beiden Monumental-Viertel zeigt alle Merkmale einer Maya-Hauptstadt aus der klassischen Ära: mehrere umbaute Plätze, die übereine breite Straße verbunden sind, Tempelpyramiden, einen Ballspielplatz und ein durch einen Staudamm gebildetes Wasserreservoir“, berichten die Archäologen.
Verbunden waren die beiden Stadtzentren durch eine dichte Bebauung aus Häusern und Straßen, wie Auld-Thomas und seine Kollegen ermittelten.
Auch Überreste eines Ballspielplatzes sowie eines großen Wasserreservoirs konnten sie anhand der LIDAR-Daten identifizieren. Bauweise und Struktur der Stadtgebiete deuten auf eine Erbauung noch vor dem Jahr 150 hin. Die Stadt stammt demnach aus der Zeit der späten Präklassik der Mayakultur, in der viele große Städte und Monumentalbauten entstanden.
Noch lange nicht alles entdeckt
Nach Ansicht der Archäologen demonstriert diese Entdeckung, dass noch längst nicht alle Mayasiedlungen entdeckt sind – selbst große Städte könnten sich noch im Regenwald verbergen.
„Die Entdeckung von Valeriana unterstreicht die Tatsache, dass es noch immer große Lücken in unserem Wissen über große Städte in den noch unkartierten Gebieten des Maya-Tieflands gibt“, schreiben Auld-Thomas und sein Team.
„LIDAR lehrt uns, dass die Tiefland-Maya ihre tropische Umgebung mit einem vielseitigen Teppich von Städten und Dörfern überzogen“, sagt Seniorautor Marcello Canuto von der Tulane University. „In einigen Gebieten finden wir riesige landwirtschaftlich genutzte Flächen und dichte Bevölkerungen, während es in anderen offenbar nur kleinere Gemeinschaften gab“, so Canuto weiter.
„Aber wir sehen sehr deutlich, wie die Maya ihre Umwelt veränderten, um ihre langlebige, komplexe Gesellschaft zu versorgen.“